diesen beitrag hab ich vor zehn tagen schon verfasst, aber dann kam ich irgendwie tagelang nicht in den blog. naja, naja – perfektionismus ist langweilig, oder?
Das ist eine gar nicht unerhebliche Frage, denn je nachdem, wie sie gelöst wird, verändern sich alle möglichen Rollen und Bezüge innerhalb der Co-Family. Ganz praktisch habe ich das erst vor zwanzig Minuten wieder erfahren: Es ist Freitag Abend, 21:00 Uhr, der kleine Knopf leidet an den üblichen abendlichen Tagesverarbeitungs-/Einschlafschwierigkeiten. Ich hocke in der Küche, freue mich über kindfreie UND diplomierfreie Zeit zum Schreiben und habe gerade den Rechner hoch gefahren, als A-lex mit dem Goldkind die Szenerie betritt: Äh…sie will den Schnuller nicht, sie will nicht rumgetragen werden, vielleicht will sie doch noch nen Nachtisch…??? Nachtisch Nummer zwei, ich jaule nochmal kurz rum, dass ich mich ja sooo auf mal Zeit für mich allein gefreut habe, aber na klar, und tatsächlich findet Kiko es gut, nochmal ein bisschen was zu schnabulieren, und schläft – FAST ein. Das Genuckel macht sie gar nicht so lang, aber hängt halt im Dämmerzustand ganz zufrieden mit Blick auf die Brust auf meinem Arm ab. Und wacht bei der Rückübergabe zu A-lex wieder etwas mehr auf. Jetzt sind die beiden erstmal wieder verschwunden und ich versuche möglichst schnell ein paar Wörter in den PC zu hämmern, bevor eventuell Nachtisch Nummer drei gefordert wird.
Also, wir machen das so: Kiko wird voll gestillt, von mir, da ich die einzige von uns bin, die das körperlich leisten kann zur Zeit. Hin und wieder, wenn ich einen ganz wichtigen Termin habe, oder wenn Heiko und ich mal wieder eine Nacht ohne Kiko zu zweit verbringen wollen, pumpe ich zusätzlich ab was geht, und Krümel wird von einer/m der anderen per Flasche versorgt. Dadurch verbringe ich am regelmäßigsten und am meisten Zeit mit Kiko, und dadurch habe ich es in manchen Situationen leichter als die anderen, sie zu beruhigen. Und es kann sein, dass wir beide dadurch – zumindest zunächst – die stärkste Bindung entwickeln.
Es bedeutet für mich, dass ich hier nur für kurze Zeiträume ohne Kiko wegkomme, während alle anderen schon mal für ein paar Tage wegfahren. Und es bedeutet, dass ich mein Leben ein ganzes Stück mehr um Kiko herum eintakten und zum Beispiel während der Betreuungsschichten der anderen trotzdem abrufbar sein muss. Es bedeutet aber eben auch viel Kuschel-Zeit mit Kiko. Und dass ich Kiko auf eine Reise mitnehmen kann, während die anderen zur Zeit mit Kiko nur dann verreisen könnten, wenn sie mich auch noch in den Koffer packen würden.
Vorher hatten wir uns das ein bisschen anders ausgedacht. Dass Kiko Muttermilch kriegen soll, darin waren wir uns einig: Unabhängigkeit von Firmen wie Nestlé und Co, günstig, und wenn ich der gängigen Propaganda glauben will, dann auch die gesündeste Variante für’s Kind. Und ich wollte (und will) auch gern stillen. Aber der Plan war, zumindest in meinem Kopf, dass ich so oft und so viel abpumpe, dass mindestens die Hälfte der Mahlzeiten auch von den anderen übernommen werden können. Und Emma hat sogar überlegt, ob sie Kiko mit Brustfütterungsset füttern soll. Darüber haben wir unter anderem hier gelesen, und Emma und mich und ich glaube auch Joel hat das ziemlich berührt und fasziniert.
Reality Check 1: Ich finde Abpumpen doof. Mit der Handpumpe geht’s, dauert aber länger. Mit der doppelseitigen Maschinenpumpe habe ich mich gefühlt wie eine Milchkuh. Und wenn ich nicht schon vegan leben würde, hätte ich spätestens nach der Erfahrung Milchprodukte aus meinem Kühlschrank verbannt. Es wäre wirklich ein Opfer für mich, für alle anderen ständig zu pumpen, auch wenn ich weiß, dass es fair wäre.
Reality Check 2: Kiko nimmt keine eingefrorene Muttermilch. Sie saugt an der Flasche, guckt freundlich und lässt alles einfach ungeschluckt wieder rauslaufen. Nichts zu machen. Relativ frische Milch aus dem Kühlschrank, die dann aufgewärmt wird, nimmt sie problemlos – aber es ist gar nicht so leicht, einen Milchvorrat im Kühlschrank zu haben, ohne dass der schlecht wird.
Reality Check 3: Wir kriegen ein winziges Kind, dass in den ersten zwei Wochen gar nicht schafft an der Brust zu saugen, und als sie dann endlich so weit ist, sind wir so froh, dass sie es hinkriegt, dass wir das erstmal nicht schon wieder durcheinander bringen wollen – und dann hat sich schnell ein Alltag etabliert. Und die anderen Eltern scheinen es auch ok zu finden. Wir haben uns darüber aber auch noch nicht so richtig ausgetauscht. Ich hoffe mal, dass es nicht so ist, dass die anderen sich bloß nicht trauen, mir zu sagen, dass ich glucke und die anderen mal mehr ranlassen soll…???
Ich finde die Stillentscheidung gut, bin jedoch manchmal ambivalent bezüglich der Konsequenzen. Manchmal hätte ich gern mehr persönlichen Freiraum. Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen den anderen gegenüber und fühle mich privilegiert, weil ich Kiko füttern kann. Manchmal frage ich mich, ob meine Stillüberzeugung internalisierte Mama-Propaganda ist. Meistens genieße ich die Nähe zu Kiko beim Füttern. Und ich freu mich aber auch schon auf die Zeit, in der wir alle gleichermaßen mit Kiko im Brei matschen können.
So long, Yuriko.
PS: Die Überschrift ist ein bewusstes Tribut an das Wer-lebt-mit-wem-warum-und-wie-Camp, das jeden Sommer auf Burg Lutter statt findet. Sehr empfehlenswert, nicht nur für ein anderes Zusammenleben mit Kindern, sondern auch für andere Wahlverwandtschaften aller Art. Check das mal aus! Wir sehen uns dann da!