Wenn es auch bei mir ab und zu was zu klagen gibt – das Vatersein in der Gemely gibt keinen Anlass dazu. Aktuell bin ich wieder mal davon fasziniert, wie problemlos Kiko den ständigen Elternwechsel wegsteckt. Gerade wurde sie noch von Yuriko gestillt, nachdem sie die letzten zwei Stunden mit ihr durch den Regen gestreift ist… Dann kommen die beiden zum Abendessen zu uns an den Tisch… Dann geht Yuriko irgendwann und Kiko rutscht auf meinen Sch0ß und futtert weiter Nudeln und Yuriko verlässt den Raum… Dann klettert sie auf ihren Hochstuhl und futtert von dort aus weiter und beobachtet interessiert A-lex, der einen potenziellen Ameisenweg ins Haus mit Lavendelwasser besprüht… danach setzt der sich an ihre Seite und schäkert mit ihr und ich verabschiede mich, weil ich los muss… (Emma war heute nicht beim Abendessen dabei). Und dabei ist die ganze Zeit ein richtig guter Kontakt zwischen mir und ihr, wenn wir zusammen sind, und das erleben die anderen auch so. Manchmal denke ich: das kann doch gar nicht sein. Wenn ich mir das vorstelle – es ist zwar immer ein „Arm!“ da, wenn ich die Sicherheit am Körper einer erwachsenen Bezugsperson brauche… Aber jedesmal ein anderer. In Kikos Welt scheint das (meistens) gut zu gehen…
Monat: Mai 2014
aufeinander aufpassen
[Soundtrack: Früchte des Zorns – Passt aufeinander auf]
Jetzt sind Zeiten für mich angebrochen, in denen ich mehr denn je froh darüber bin, dass es die anderen Eltern gibt. Ich selbst habe anscheinend in den letzten Monaten nicht gut genug auf mich aufgepasst: Neuer Job, vielleicht zu viele Projekte, ein paar traurige Sachen, die um mich herum passiert sind. Die haben Teile meiner eigenen Geschichte berührt, aber ich wollte sie nicht an mich heranlassen, nicht wahrhaben, dass sowas mich immer noch umwirft und traurig macht. Es hätte Momente zum Durchatmen und Hinspüren gebraucht, die ich mir aber nicht zugestanden habe. Unter anderem, weil ja jetzt Kiko da ist, und weil ich für sie stark sein will.
Aber ich bin nicht stark gerade. Ich habe eine Geschichte mit sexualisierter Gewalt, und obwohl ich davon schon viel integriert habe, holen Teile davon mich wieder ein. Bilder und Körperempfindungen überrollen mich, manchmal so heftig, dass ich kaum noch realisiere, dass ich jetzt erwachsen und sicher bin, und es fällt mir oft schwer gerade, richtig anwesend zu sein. Mit Kiko zu sein holt mich oft ins Hier und Jetzt, aber es kostet mich auch sehr viel Energie, für sie da zu sein, wenn am Rande meines Bewusstseins gleichzeitig ein schwarzes Loch zieht und lähmt.
Es tut gut zu wissen, dass da ein Backup ist, dass ich Bescheid sagen kann, wenn ich nicht mehr kann. Es ist so unglaublich erleichternd zu sehen, wie glücklich Kiko mit den anderen ist, wie viel Liebe noch da ist, wenn ich gerade wenig zu geben habe. Es gibt mir den Raum, mich um mich zu kümmern und endlich das zu tun, was dran ist: Durchatmen, Hinspüren, Akzeptieren, Trauern.
Und die anderen Eltern passen nicht nur auf Kiko gut auf, sondern ein bisschen auch auf mich gerade. Sind Ohren zum Zuhören und Schultern um Anlehnen. Mit Emma, Kiko und einer weiteren Mitbewohnerin abends noch am Tisch Monster aus Papier zu falten und zu bemalen und damit herumzualbern, das war mein Tageslichtblick heute.
In solchen Momenten wird es spürbar für mich: Das ist meine Familie. Und das ist so groß, darüber könnte ich jetzt grad auch schon wieder heulen.