vor ein paar wochen war ich gemeinsam mit kikos bio-paps beim jugendamt, um die gemeinsame sorge zu erklären. das war an sich schon eine irritierende veranstaltung. wir saßen in einem winzigen, schmucklosen räumchen in tristen grau- und brauntönen, in dem nur platz für einen schreibtisch, einen aktenschrank an der wand und uns und die sachbearbeiterin war. diese hat uns dann sehr ernsthaft eine lange liste mit pflichten und rechten vorgelesen, die wir am ende unterschrieben haben. es war ein bisschen wie beim standesamt, nur ohne trauzeugen und ohne feierlich. ich finde ja, die sorge für ein kind zu übernehmen ist viel ernsthafter und verbindlicher als zu heiraten, aber das mag an mir und meinen einstellungen liegen. vielleicht hätten wir jede menge gäste dazu einladen und eine riesensause draus machen sollen.
noch irritierender als das setting war dann aber, dass emma und the other father nicht dabei waren. es wäre vermutlich für sie ohnehin eine frustrierende veranstaltung geworden, weil sie das wichtige papier mit den pflichten und rechten ja nicht mit unterschreiben hätten dürfen – obwohl sie das gerne wollen. jetzt ist die situation so, dass nach deutschem recht bio-paps und ich alles, was kiko betrifft, allein entscheiden können. wo sie lebt, welche bildung sie erhalten soll, ob sie geimpft wird und und und. emma und ihr partner dürfen kiko eigentlich nicht mal vom kindergarten abholen. die ganzen ausmaße dessen sind mir noch gar nicht klar. vermutlich braucht es einverständniserklärungen von uns biologischen eltern für alles mögliche, von a wie auslandsreisen bis z wie zahn ziehen lassen. und das, obwohl emma und ihr partner sich genau so viel um kiko kümmern wie wir. ihnen bleibt nichts anderes übrig als darauf zu vertrauen, dass wir nicht eines tages sagen, och nö, wisst ihr, wir machen jetzt doch lieber ohne euch weiter. auf diese weise entsteht zwischen uns ein ungleichgewicht an macht und entscheidungsautonomie, das keine_r von uns will.
die tatsache, dass in deutschland nur zwei personen als sorgeberechtigte für ein kind eingetrgen werden können, geht völlig an der lebensrealität vieler menschen vorbei. dass kiko mehrere bezugspersonen hat, ist an sich ja nichts besonderes – das haben auch viele kinder in diversen patchwork-familien-konstellationen. besonders ist allenfalls, dass wir uns schon vor der geburt mehr oder weniger bewusst dafür entschieden haben und eine familie bilden, in der wir zum teil nicht verpartnert, sondern „nur“ freunde sind. aber auch das machen immer mehr menschen, aus verschiedensten gründen. warum sind diese wahlfamilien oder umeinander-kümmer-banden es weniger wert, rechtlich anerkannt und geschützt zu werden?
in kanada ist es in einzelfällen bereits möglich, drei oder vier bezugspersonen offiziell als eltern anerkennen zu lassen. und vor ein paar tagen war nun in der taz in diesem erfreulichen artikel http://www.taz.de/Darf-ein-Kind-mehr-als-zwei-Eltern-haben/!104293/ von silke burmester zu lesen, dass in den niederlanden die juristische anerkennung von mehr als zwei menschen als eltern überprüft wird. es ist zu hoffen, dass diese überprüfung zu einem ergebnis führt, das die lebensrealitäten vieler menschen abseits der gesellschaftlichen vater-mutter-kind(er) norm anerkennt und dadurch gesellschaftlich aufwertet. und DANN ist zu hoffen, dass deutschland damit nachzieht. und zu überlegen, ob wir da irgendwie nachhelfen können.
(ps: sorry, somehow will blogsport nicht so wie ich will und ich kann nur einen link setzen. aber, um es mal mit karlssons worten zu sagen: das stört keinen großen geist. oder?)
Hi,erst mal schön, dass ich hier alles somitlesen darf – es berührt sehr. Ich kann verstehen, dass es nervt, dass es keine legale möglichkeit gibt, aber hey, was kann mensch vom staat schon erwarten – dass er innovativer sinnvolle zusammenhänge in Gesetz packt? und auch diverse rechtliche absicherungen können nicht verhindern, dass menschen auseinandergehen oder zuverlässig zusammen sorgen. Mit Kiga und Arzt/Ärztin usw. würde ich mir keine Sorgen machen, in der Praxis hatten wir jedenfalls in unterschiedlichen Bezugspersonenkonstellationen keine Probleme. Und wie soll da auch was nachgewiesen werden (Kinder haben nicht automatisch die gleichen Nachnamen wie beide Eltern und eine Geburtsurkunde schleppen wir jedenfalls nicht mit rum ;-)) wenn die Bezugsperson selbtbewusst auftritt, wird sie eh als leibliches also berechtigtes elter identifiziert.
viele Grüße