Yuriko und ich sind mit Kiko vereist, ohne A-lex und Emma. Quer durch die Republik haben wir die Kleine geschleppt; eine Tagung, dann Freunde, dann Verwandtschaft besucht. Hat super geklappt (ich habe mich als Babysitter bei der Tagung wacker geschlagen – kurz davor war mir echt Bange; ich habe mich ja schließlich ganz absichtlich für unsere Gemely-Konstruktion entschieden; weil ich eben auch noch gern andere Sachen machen möchte als das Kind zu hüten), auch Kiko war meist begeistert und neugierig und mehr als einmal hat sie reihenweise ICE-Fahrgäste beglückt – durch offenes Lächeln beim Zugspaziergang und durch schrilles Quieken hart an der Schmerzgrenze. Schlafen hat ok geklappt und zwei kleinere Krankheitsanflüge (mal Fieber und schlapp, mal Husten und schlapp) hat sie gut weggesteckt. Durch die Besuche bei anderen Eltern haben wir unseren Horizont erweitern und in einem Fall Kiko auch mal mit einem gleichaltrigen Baby vergleichen können. Deren Eltern haben von uns gelernt, dass Babys gern ein Stück Fenchel bekauen; wir von ihnen, dass Baby in diesem Alter sich durchaus schon eine ganze Weile auf dem Bauch liegend auf den Armen abstützen kann. Jetzt, wo wir wieder zurück sind, macht sie das plötzlich die ganze Zeit. Sie isst auch wieder mehr; vor der Reise hatten wir mit pürierten Möhren (roh, nur durch den Power-Mixer leicht erwärmt) angefangen, auf der Reise haben wir es eher erfolglos mit gekochtem Möhrenpüree aus dem Glas probiert (nur gekochte frische Kartoffeln hat sie mal gefuttert). Jetzt steht sie total auf Smoothie aus Wildkräutern und Avocados. Bleibt wohl erst mal ein Rohkostkind, so, wie A-lex und Emma sich das auch wünschen. Mir und Yuriko ist das eher egal (egal bis skeptisch, würde ich mal sagen), aber wenn es ihr schmeckt…
Worüber ich eigentlich schreiben will: Jetzt wird Kiko gerade größer, ihr Ausdruck verändert sich, sie macht ständig neue Dinge. Sie entwickelt sich, macht Anstalten zu krabbeln, zu essen, zu sitzen – und ich bekomme eher mehr Sorgen, ob wir auch wirklich alles richtig machen. Gestern habe ich erfahren, dass Emmas Art, die Kleine mit dem Gesicht nach vorn im Tragetuch zu tragen, ihre eigene Idee ist und nicht irgendwie anderweitig fundiert – und schon habe ich Sorgen, ob wir sie damit nicht orthopädisch Schaden nimmt.
Oder wenn ich sie so viel im Tuch habe, wo sie ja gar nicht Bewegungen üben kann… Ist das okay? Oder ich frage mich, ob ich genug mit ihr rede (damit sie Worte lernt) oder ob ich sie länger auf dem Bauch Krabbeln üben lassen soll – auch wenn sie ihre erste Frustgrenze erreicht und zu weinen beginnt. Wann nehme ich sie hoch und trage sie durchs Zimmer, so dass sie wieder glücklich zu glucksen beginnt?
Neulich hat ein Dösbaddel Yuriko (und mich damit irgendwie auch) verunsichert, indem er erklärt hat, sein dreimonatiges Kind wäre schon genauso weit wie die doppelt so alte Kiko (hat sich spätestens bei der U5 (oder U6) als Unfug erwiesen) – und andere machen so Bemerkungen in die Richtung, dass Kiko bestimmt verwöhnt wird bei so viel Aufmerksamkeit… Puh. Dabei sind wir super im Kontakt mit ihr, sie freut sich über uns und wir uns über sie, wir lassen ihr Zeit alleine zum Rumliegen und Turnen, wir machen jeweils auch unser Ding, wenn wir Kiko-Schicht haben. Ich wasche und hänge zum Beispiel gern Wäsche auf mit Kiko im Tuch oder bringe Müll und Papier weg – und die anderen hängen auch nicht immer an ihr dran. Jedenfalls nicht mehr, als schön und nötig und vernünftig.
Na ja und dann kommt es mir (nach den 12 Tagen Reise mit Kiko und ihrer Bio-Mutter/meiner Partnerin) halt auch gerade ein bisschen komisch vor, dass ich drei Stunden Kiko habe und sie dann übergebe und in mein Büro marschiere und mich dort in meine beruflichen Projekte vertiefe. Da bin ich dann so weit von unserem Kind entfernt – ist das noch väterlich?
Ich werde also etwas unsicher – was Yuriko gegen Ende der Schwangerschaft erlebt hat, nämlich den Frust direkt vor ihrer bis heute andauernden Babyratgeberallergie, erreicht jetzt mich. Dabei FÜHLT SICH ALLES RICHTIG AN. Dann kann es doch so falsch nicht sein -? Ich hab mich ja auch resistent gegen den ganzen Esokram gemacht, der mir in meinem relativ alternativen Umfeld ständig unter die Nase gehalten wird – von Lichtnahrung über Geomantie bis zum ultimativen Zähneputzgeheimnis. Dann kann ich doch auch beim Baby locker bleiben…? Nee, das ist eben nicht so einfach, weil es nicht nur um mich geht. Es wäre schon doof, wenn Kiko später Kreuzprobleme hätte, weil wir sie jetzt schon immer auf dem Schoß sitzen lassen haben und EINFACH NICHT WUSSTEN, dass das gar nicht geht. Aber ich les doch jetzt nicht die ganze Babyliteratur, dann kann ich ja gar nicht mehr schlafen.
Wie macht ihr anderen das?