Urlaub vom Kind?

Es steht da noch ein interessantes Thema im Raum, das habe ich im letzten Eintrag noch vergessen zu erwähnen. Und zwar: Wer „darf“ eigentlich wie oft weg sein und damit auch bei der Kiko-Betreuung ausfallen. Eine ganze Zeit lang hatten wir dazu keine Regelung und kamen auch nicht auf die Idee, uns eine auszudenken. Und dann hab ich mich mal beschwert – ich weiß gar nicht mehr, was der Anlass war. Ich glaube, ein zehntägiger Urlaub von Emma mit ihrer Nichte. Jedenfalls hatte ich das Gefühl, hier ständig zur Verfügung zu stehen, während Emma und auch A-lex oft unterwegs sind. Ich dachte auch, dass das mit ein Grund dafür sein könnte, dass die Bindung der Kleinen zu mir manchmal enger schien als zu Emma und A-lex. Und das wollte ich ja nicht, und sie ja auch nicht.
Also hab ich gemeckert, und dann hat Emma irgendwie die bisherigen Abwesenheiten ausgewertet. Dabei kam heraus, dass sie weitaus am meisten weg oder komplett anderweitig beschäftigt war, dann A-lex, dann erst ich. Yuriko dagegen war natürlich immer da, allein wegen des Stillens.
Emmas Statistik hat nicht dazu geführt, dass wir irgendeine Regel erfunden hätten, aber es war schon gut, das mal auf dem Tisch liegen zu haben. Ein paar Wochen später gab es dann die Situation, dass Emma und A-lex genau in Yurikos anstrengendster Lernphase, in der sie am liebsten komplett entlastet worden wäre, beide zwei Wochenenden lang komplett weg sein mussten. Das zweite Wochenende war gleich vier Tage lang. Das hätte also eigentlich bedeutet, dass ich diese Wochenenden am besten von früh bis spät für Kiko zuständig gewesen wäre. Das ist für mich nach wie vor keine schöne Vorstellung: diesen Widerspruch bekomme ich weiterhin nicht geklärt – wenn Kiko mit Yuriko verreist ist, habe ich einen Kloß im Bauch, weil ich sie vermisse; wenn sie mich anlacht, bin ich glücklich und stolz; wenn ich von früh bis spät für sie verantwortlich bin, geht’s mir trotzdem nicht so gut damit. Außerdem ist da ja noch mein eigenes großes Arbeitsprojekt, mit dem ich weiterkommen will und bei de ich auch ein bisschen Zeitdruck habe – es ist ein Buch, das im Dezember fertig werden soll.

Das hat mich frustriert und ich fand, dass A-lex und Emma eben eine ihrer Veranstaltungen ausfallen lassen sollten. Und dann fiel ein Satz von A-lex, der mich aufgeregt hat; er sagte so was wie „ist doch auch gar nicht klar, dass wir alle gleich viel Zeit für Kiko investieren müssen“. Er meinte also, eher nach Bedürfnissen zu schauen, wer wie viel Kiko-frei „braucht“, um andere Sachen zu machen. Das hat mich deshalb aufgeregt, weil es zum Funktionieren voraussetzen würde, dass andere gerne mehr Zeit mit Kiko verbringen würden, und in unserer Gruppe sehe ich nur, dass alle mit ihren anderen projekten kaum hinterherkommen und gern mal nicht das Kind betreuen (mich regt dieses „Gucken nach Bedürnissen statt klare Regeln zu definieren“ häufig auf, aus genau dem Grund; weil das Gegenteil der Bedürfnisse, die Pflichten, doch von niemandem gern gemacht wird. Das habe ich einfach noch nicht gut gelöst erlebt).
Statt dass wir uns gestritten hätten, haben die beiden sich zusammengesetzt und einen Plan gebastelt, in dem sie die Kiko-Betreuung während der Werktage vor den zwei Wochenenden komplett ohne mich geplant haben und ich dafür dann eben an den Wochenenden zuständig war. Davon war ich ehrlich gerührt. Es hat auch gut geklappt, wir haben das geschafft (und übrigens haben wir inzwischen auch Yurikos Studium abgeschlossen mit vereinten Kräften)!
Allerdings haben wir weiter kein Procedere entwickelt, denn wenn ich jetzt mal ein Wochenende wegfahre, erwwartet weiterhin keine_r von mir, meine ausfallende Kiko-Betreuung im Voraus zu erledigen. Vielleicht wäre es also gut, dachte ich mir, wenn wir jede_r eine gleiche Zahl Kiko-Frei-Tage zu erreichen versuchen? Und dann war da noch diese Aussage von A-lex mit den Bedürfnissen – darüber haben wir auch nicht mehr geredet. Das steht jetzt mal an.

Ein Vorschlag für eine Struktur-Lösung (igitt, Struktur): Wir könnten für jeden Tag, an dem wir das Kind gar nicht betreuen, ein Zeichen in en Kalender malen und darauf achten, dass jede_r gleich viele dieser Zeichen hat.
Evtl. müsste man noch unterscheiden, ob mensch in der Kiko-freien Zeit Urlaub macht oder arbeitet. Allerdings gibt es auch bei letzterem Diskussionsbedarf. Denn ich arbeite wahnsinnig gerne. Ich habe einen Job, bei dem ich gut bezahlt jeweils 10 Tage in Berlin verbringe. Sollte diese Zeit dann NICHT auf mein Kiko-Frei-Konto fließen? Keine Ahnung. Wenn die anderen beruflich im Land unterwegs wären und ich würde dafür zu Hause das Kind betreuen müssen, ohne Stundenausgleich, wäre ich damit nicht zufrieden. Andererseits haben wir eine gemeinsame Kasse. Wir könnten/müssten also gemeinsam entscheiden, ob die jeweilige Arbeit es finanziell wert ist, das Zuhause und (auf Zeit-Kosten der anderen) die Kinderbetreuung für eine Weile hinter sich zu lassen. Wir köönnten unterschiedliche Zeichen machen für Privat-Urlaub und für Arbeits-Abwesenheit und dann weiter gucken.

Neulich habe ich Emma geschockt, als sie mir angeboten hat, nicht spülen zu müssen, sondern dafür währenddessen aufs Kind aufzupassen (weil ich kaum was vom Spülberg verursacht hatte). Da hab ich gesagt, dass es mir egal ist, ob ich mit Kiko rumtobe oder spüle. Das war vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber meine Liebste, Yuriko, hat meine Antwort sofort richtig interpretiert: „Wenn er nur seinen Mittagschlaf im Kopf hat, hält ihn sowohl Kiko als auch das Spülen auf“. Bei viel Leuten ist halt glücklicherweise auch öfters wenigstens eine_r dabei, der/die eine_n versteht :-).

Zuneigungsverlagerungstendenzen

Ich habe zwischenzeitlich vergessen gehabt, dass es diesen Blog gibt – Verzeihung. Ich bin seit einem Jahr – neben Kiko! – mit einem Buchprojekt beschäftigt, das ich mir ein wenig übersichtlicher vorgestellt habe, das nimmt mich sehr in Beschlag. Ohne Co-Elternschaft hätte ich gar nicht erst erwägen brauchen, das zu machen…
Zu uns: Es läuft gut und es ist schön. Kiko ist jetzt über ein Jahr alt und zuletzt hatte sie eine Phase von vielleicht zwei Monaten, in der sie auf Yuriko und mich besonders abgefahren ist. Emma hat damit irgendwann so richtig ihren Frieden gefunden, bei A-lex bin ich mir nicht ganz so sicher – ich glaube, dadurch, dass er beruflich auch ganz schön viel Stress hatte, fand er das schon doof, dass Kiko zu mir wollte, sobald ich in den Raum kam. So richtig beschwert hat er sich nicht, wohl auch aus dem Gefühl, dass es da ja kaum was zu ändern gibt.
Seit wenigen Tagen fällt mir auf, dass sich die Beziehung zwischen Kiko und Emma wieder intensiviert. Gestern wollte sie auch einfach mal auf Emmas Arm, als wir alle drei im Zimmer waren und ich sie eigentlich betreut habe (aber gerade nicht viel Action geboten hatte), und auch davor gab es schon mal Tränen, als Emma den Raum verließ, obwohl sie bei Yuriko war, ihrer (noch stillenden) Number One.
Demnächst steht eine längere Fahrt von Kiko, Yuriko, A-lex und Emma an und über Weihnachten sind wir alle zusammen in den Bergen, das gibt bestimmt wieder neue Impulse.
Neulich hat mal wieder jemand gestaunt, dass ich als Vater keine Probleme damit habe, mein Kind „loszulassen“ – und ich kann dieses Wundern ja gar nicht verstehen. Wenn ich ein bisschen darüber nachdenke, fällt mir aber auf, dass ich von Anfang an verinnerlicht habe, dass wir das zu viert machen. Und ich habe ja von Anfang an voll die riesigen Vorteile ausgeschöpft, die das für mich hat. Ich bin einfach wirklich auf Co-Elternschaft eingestellt. Ich stände eher hilflos da, wenn die plötzlich abgesagt würde. Aber das hat ja glücklicherweise noch nie jemand von uns in Erwägung gezogen – jedenfalls nicht so, dass ich es gehört hätte…
Kiko läuft jetzt teilweise schon ganz allein durchs Haus und bald macht sie vielleicht Sachen, die wir ihr nicht erlauben können. Natürlich kriegt sie jetzt schon keine Messer oder Reiszwecken oder Zuckerkekse, aber wenn sie mit den Füßen auf dem Tisch trommelt, finden wir das eher noch anerkennenswert, dass sie das schafft… Ich erzähle das, weil wir uns dann mal wieder auf Dinge einigen müssen („Grenzen“), und das sollte doch was zu erzählen geben für den Gemely-Blog :-).