Ich habe zwischenzeitlich vergessen gehabt, dass es diesen Blog gibt – Verzeihung. Ich bin seit einem Jahr – neben Kiko! – mit einem Buchprojekt beschäftigt, das ich mir ein wenig übersichtlicher vorgestellt habe, das nimmt mich sehr in Beschlag. Ohne Co-Elternschaft hätte ich gar nicht erst erwägen brauchen, das zu machen…
Zu uns: Es läuft gut und es ist schön. Kiko ist jetzt über ein Jahr alt und zuletzt hatte sie eine Phase von vielleicht zwei Monaten, in der sie auf Yuriko und mich besonders abgefahren ist. Emma hat damit irgendwann so richtig ihren Frieden gefunden, bei A-lex bin ich mir nicht ganz so sicher – ich glaube, dadurch, dass er beruflich auch ganz schön viel Stress hatte, fand er das schon doof, dass Kiko zu mir wollte, sobald ich in den Raum kam. So richtig beschwert hat er sich nicht, wohl auch aus dem Gefühl, dass es da ja kaum was zu ändern gibt.
Seit wenigen Tagen fällt mir auf, dass sich die Beziehung zwischen Kiko und Emma wieder intensiviert. Gestern wollte sie auch einfach mal auf Emmas Arm, als wir alle drei im Zimmer waren und ich sie eigentlich betreut habe (aber gerade nicht viel Action geboten hatte), und auch davor gab es schon mal Tränen, als Emma den Raum verließ, obwohl sie bei Yuriko war, ihrer (noch stillenden) Number One.
Demnächst steht eine längere Fahrt von Kiko, Yuriko, A-lex und Emma an und über Weihnachten sind wir alle zusammen in den Bergen, das gibt bestimmt wieder neue Impulse.
Neulich hat mal wieder jemand gestaunt, dass ich als Vater keine Probleme damit habe, mein Kind „loszulassen“ – und ich kann dieses Wundern ja gar nicht verstehen. Wenn ich ein bisschen darüber nachdenke, fällt mir aber auf, dass ich von Anfang an verinnerlicht habe, dass wir das zu viert machen. Und ich habe ja von Anfang an voll die riesigen Vorteile ausgeschöpft, die das für mich hat. Ich bin einfach wirklich auf Co-Elternschaft eingestellt. Ich stände eher hilflos da, wenn die plötzlich abgesagt würde. Aber das hat ja glücklicherweise noch nie jemand von uns in Erwägung gezogen – jedenfalls nicht so, dass ich es gehört hätte…
Kiko läuft jetzt teilweise schon ganz allein durchs Haus und bald macht sie vielleicht Sachen, die wir ihr nicht erlauben können. Natürlich kriegt sie jetzt schon keine Messer oder Reiszwecken oder Zuckerkekse, aber wenn sie mit den Füßen auf dem Tisch trommelt, finden wir das eher noch anerkennenswert, dass sie das schafft… Ich erzähle das, weil wir uns dann mal wieder auf Dinge einigen müssen („Grenzen“), und das sollte doch was zu erzählen geben für den Gemely-Blog :-).
Verantwortungsdiffusion
wenn z.B. 4 Eltern mit Kiko einen Ausflug ins Cafe im benachbarten Dorf machen, aber keiner dran denkt, dass das ja in die Abendessenzeit fällt und mensch was für das Kind zu Essen mitnehmen sollte. Es gibt natürlich auch den umgekehrten Fall, dass verschiedene Eltern was zu Essen vorbereiten und sie dann zwischen Avocado, Kartoffel, Reisbrei, Gemüse usw. auswählen kann…..bzw. wir Eltern die Reste vertilgen.
verschiedene Rollen in der gemely
Mal was für den blog schreiben
ich hab lang nichts geschrieben, wo doch so viel passiert in unserer gemeinsamen Elternschaft. Nach wie vor teilen wir uns zu möglichst gleichen Teilen die Betreuungszeiten, entscheiden gemeinsam und tauschen uns über Fragen und erlebtes aus. Aber etwas hat sich verändert und das hält mich ganz schön auf Trab. Kiko unterscheidet nun viel mehr unter uns vieren. Yuriko ist in bestimmten Situationen die Einzige, bei der sie sein will, z.B beim Einschlafen, beim Aufwachen, natürlich alles rund ums Stillen, aber auch einfach abends, wenns ans Abendritual geht. Wenn yuriko im Raum ist, dann landet kiko früher oder später auf ihrem arm oder Schoß. Heiko kommt dann an zweiter Stelle, da geht sie tendenziell auch in allen Situationen hin, z.B morgens beim Aufwachen oder so.
Bei Alex kann ich das gerade nicht so einschätzen, der war gerade weg, aber es gab Zeiten, da hatte ich das Gefühl, sie ist bei allen anderen lieber als bei mir. Es gab Zeiten, da konnte ich das überhaupt nicht wegstecken, da ist mir das so richtig reingefahren und das hatte mit Kiko dann gar nichts mehr zu tun, sondern nur noch mit meinem Thema „abgelehnt werden“.
Manche werden vielleicht sagen, das ist alles ganz normal, viele Väter machen einige so Phasen durch wo sie total abgemeldet sind und in gewissem sinn bin ich da ja in einer art Vaterrolle. Ich bin mittlerweile an dem Punkt, wo ich es annehmen kann, dass ich nur für bestimmte Dinge in Kikos Leben dasein kann, z.B. tagsüber zeit miteinander verbringen, spielen, ihr die welt zeigen, sie auch mal füttern, sie tagsüber im Manduka schlafend herumtragen..
Dennoch sind die Situationen, in denen sie schreit, wenn ich sie nur berühre, erschreckend, sie machen mich ratlos. So gerne würde ich ihr meine Liebe und meine Unterstützung in alllen Lebenssituationen schenken und das geht ja anscheinend nicht. Ich habe dann sogar Angst, ich quäle sie, wenn ich sie anfasse und das will ich ja auf keinen Fall.
Ich frage mich also beständig, woran das liegen kann und v.a. Was ich tun kann, denn sowas kann sich ja potentieren, wenn ich verunsichert bin und sie das spürt und so weiter,
Meine Beobachtungen:
wenn ich mit was anderem (z.b. Beruf) sehr absorbiert bin, ist es stärker, ich war von uns allen bisher auch am meisten verreist oder anderweitig vollzeitbeschäftigt. Wenn ich schlecht drauf bin ist es auch doller.
Es ist mir auf jeden Fall klar, dass Yuriko eine viel nähere Beziehung zu ihr hat durch Schwangerschaft, Geburt, Stillen usw. wir haben da ja auch nicht massiv gegengesteuert mit Fläschchen und abpumpen und so, wollten wir nicht. Die Tatsache, dass Xuriko und Heikp ein Paar sind, macht auch was, das merkt Kiko und evtl. gibt’s auch eine verbindung zum leiblichen Vater, die da durchschlägt, dass sie bei ihm mehr Sicherheit hat.
Im Moment denke ich darüber nach, ob es daran liegt, dass sie Angst hat, ich könnte sie ihrer Mutter wegnehmen als zweitmutter. Vielleicht hat es aber auch mit ganz eigenen Themen zu tun von mir, ich wollte ja auch Kinder und es hat nicht geklappt, was sehr schmerzhaft war. Ich hab das zwar losgelassen, sonst könnte ich das so gar nicht, was wir da gerade machen, aber ist das schon ganz verarbeitet? Spielt das da rein, steht das auch zwischen uns Frauen?
Puh ganz schöner Brocken….ich bin dran, was bleibt mir anderes übrig. Jetzt gerade schläft sie, yuriko ist bei Alex, ich passe auf. Das geht!!!!! yeah!
Nachtrag 2 Wochen später: es hat sich einiges entspannt, ich kann es leicher nemen, wenn sie mal nicht bei sein will und sie ist jetzt auch meistens entspannt, wenn cih sie nehme. ich hatte was ausprobiert und glaube, das hat gewirkt. Ich hab ihr erzählt, dass ich auch ein Kind gebären wollte und das es nicht geklappt hat und das das sehr traurig war, aber dass ich sie nicht für mich alleine will, sondern nur mit den anderen zusammen, dass ich sie nicht ihrer mutter wegnehmen will.
Im Moment ist sie übrigens total heiko-fixiert, es ist eben immer wieder anders, jeden tag.
Zeit mit Kiko
Warum schreibt keine_r der Co-Eltern was? Weil alle so beschäftigt sind. Krass, wir sind zu viert, und trotzdem sitzen wir nicht an den warmen Sommerabenden draußen und lassen uns von Mücken stechen, sondern gehen wieder an irgendwelche Arbeit oder Individual-Freizeit, wenn wir nicht die Nacht mit Kiko machen. Komische Eltern sind wir. So viel zu tun, scheinbar. Nur bei Kiko sind wir ganz, da ist immer jemand da für sie. Irgendwie sind das zwei Extreme, dass wir kaum mal zu zweit mit ihr sind oder gar miteinander ohne sie, dass sie aber mehr Elternzeit hat als die meisten anderen Kinder. Es passt nicht recht in meine Bilder von Margarinewerbung-Familien. Die haben wenigstens abends und am Wochenende immer ganz viel Zeit miteinander (wenn Papa nicht bei der Arbeit ist halt). Aber wahrscheinlich ist das ein gutes Zeichen, wenn wir nicht zur Margarinewerbung passen.
Um für mich zu sprechen – ich würde mir schon wünschen, entspannter meine Tage zu leben und dass sich die Kiko-Zeit nicht so krass anders anfühlt als die Arbeitszeit. Erstere ist nämlich zwar tendenziell entspannter, aber nicht unbedingt befriedigender. So ganz hab ich das noch nicht alles integriert gekriegt.
Die Gemely ist aber intakt (nur Kiko ist gerade krank, schlapp und mit Fieber, so ungefähr das zweite-dritte Mal in ihrem ganzen Leben). Wir treffen uns mittags und abends zum Essen und das ist auch ganz schön verbindlich. Vielleicht fahren wir im November sogar zusammen nach Spanien, O la la. Kiko war jetzt manchmal ganz schön anhänglich und hat geweint, wenn ich mal kurz auf der Bildfläche aufgetaucht und wieder verschwunden bin, weil sie zu mir wollte. Wenn ich neben Yuriko stehe, will sie oft zu mir und dann unmittelbar danach wieder zurück zu ihr. Ich habe das Gefühl, dass Yuriko und ich sie in letzter Zeit ein bisschen öfter hatten als Emma und A-lex, die beiden haben halt doch noch ein bisschen mehr Nicht-Kiko-Aktivitäten am Laufen und fahren dafür auch ab und zu mal weg.
Eigentlich läuft sie jetzt schon viel herum, von uns gestützt natürlich. Krabbeln tut sie nur, wenn’s gar nicht anders geht. Besonders toll sind Treffen der ganzen Gemely mit ihr, wenn sie zwischen uns hin- und her krabbelt und sich mal mit diesem Knie und dann mit jenem Fuß beschäftigt. Wenn nur eine_r von uns (Nicht-Mutter-Eltern, also A-lex, Emma oder ich) mit ihr ist, dann fällt uns auf, dass sie eher nicht so alleine für sich herumspielt und -brabbelt. Sie genießt es sehr, mit uns allen zu sein.
Jetzt ist die Kleine ja krank und will bloß herumgetragen werden; wenn wir uns jetzt dem Boden nähern, strampelt sie nicht mit den Beinchen los wie sonst, sondern zieht sie hoch, so wie ein Flugzeug das Fahrgestell einfährt. Bloß nicht selber laufen. Bitte werd bald wieder gesund, am Besten heute noch!
Übrigens haben wir die Windeln wieder ausgezogen, nur nachts hat sie welche an. Und es klappt schon wieder ganz gut, sie abzuhalten, sie scheint den Urin tatsächlich zu halten, bis wir sie über ihr Töpfchen oder über Gras halten. Ein paar Mal ist sie auch schon straks Richtung draußen marschiert und hat da dann gepinkelt (nicht immer haben wir es rechtzeitig geschafft). Jetzt, krank, funktioniert das gar nicht mehr.
Jetzt aber arbeiten…
äh, sie steht ja schon, oder hab ich mich verguckt?
Vorvorgestern konnte sie Fenchel halten, vorgestern hat sie sich selbst umgedreht, gestern hat sie sich an meinem Knie hochgezogen, heute hab ich sie noch gar nicht gesehen, weil A-lex die Nacht mit der Kleinen und Yuriko gemacht hat – wer weiß, was sie mir nachher vorturnt. Geht jetzt gerade ratzfatz alles. Aber es sind auch schon bald neun Monate um.
Kiko ist quietschfidel, sie war jetzt ein paar Mal mit unterwegs, weil Yuriko weg musste, und immer, wenn sie wieder kommt, kann sie mehr. Ist es das Reisen oder das zwei-Tage-nicht-sehen?? Sie krabbelt zwar noch nicht so richtig, aber zwischendurch hat sie sich auch mal ein paar cm vorwärts bewegt, und sie hält einfach immer länger durch. Am liebsten halte ich sie vor mir und lasse sie an mir hoch- und herumklettern, das können wir zwei richtig gut.
Ok, ganz normales Vaterglück, nicht gemeinsameltern-spezifisch. An dieser Front gibt es nicht so viel zu bloggen; Kiko kann sich nicht aussuchen, bei wem von uns sie ist und sie scheint bei uns allen zufrieden (oder halt knatschig, wenn müde/hungrig/sonstiges (wann kommen denn jetzt eigentlich die Zähne, die wir schon seit drei Monaten für unerklärliches Geschrei verantwortlich machen?)). Die anderen drei sind alle ganz toll und die anderen zwei (aus der „Gang“, wie Yuriko unsere übergeordnete Wohngemeinschaft genannt hat) auch. Bei aller Liebe bin ich weiterhin froh, wenn ich gerade keine Kiko-Schicht habe, sondern mit meinen Projekten/Ideen/Kunst weiterkomme oder lesen darf… Aber kann gut sein, dass mir das gerade deswegen so viel Spaß macht, weil ich immer wieder Kiko habe. Es ist halt gerade richtig, auch wenn es für mich ganz deutlich anders ist, als wahrscheinlich für eine_n Angehörige_n z.B. einer Stammesgemeinschaft, in der nicht jede_r so ihre ganz eigene Selbstverwirklichung anstrebt. Dieses Gefühl, dass Kiko immer in meinem Leben dabei sein kann, habe ich nicht, so lange ich mich mit Datenbanken am PC beschäftigen oder Leute filmen oder mich von Haruki Murakami ins Jahr 1Q84 hineinsaugen lassen will.
Neulich haben wir beschlossen (ich war nicht begeistert), es wieder „so halb“ mit windelfrei zu probieren – und zwar nur tagsüber.
Und ihr nachts eine Plastikwindel anzuziehen. Ich bin skeptisch, was das „halbtags“ angeht, aber immerhin wird ihr gefallen, ohne Windel herumzulaufen, wir sparen 50% Abfall, und vielleicht lernt sie auch, trocken zu werden, wenn sie nachts weiterhin pullern darf. Wenn dreie dafür sind und ich nicht komplett dagegen, ist so eine Entscheidung halt durch (will sagen: positiv beschieden). Noch haben wir damit nicht wieder angefangen.
Themen sind ansonsten gerade noch, wie wir sie leichter ins Bett bringen (im Moment erst gegen 22:00 mit einem finalen Schlafengehen-Stillen) können, gern auch mit weniger nachts aufwachen (im Moment gegen 2:00 und 4:30 Uhr, wenn sie um 22:00 eingeschlafen ist), und wie wir sie dazu bringen, ihre Nicht-Muttermilch-Mahlzeiten auch dafür zu nutzen, satt zu werden. Sie isst/trinkt schon Smoothie/Avocado/Kartoffel- und Reisbrei, aber deswegen scheint sie noch nicht weniger gestillt werden zu müssen.
Habe ich irgendwo geschrieben, Dass A-lex und Emma sie gern roh ernähren würden? Sie sind da nicht (mehr) so streng und lassen uns auch mal Kartoffel- oder Reisbrei probieren, weil Yuriko und ich dachten, dass sie davon vielleicht satter wird. Sieht aber eh nicht wirklich so aus.
Na, wir fünf kriegen uns schon noch da hin, wo wir hinsollen 🙂
Entwicklungsängste
Yuriko und ich sind mit Kiko vereist, ohne A-lex und Emma. Quer durch die Republik haben wir die Kleine geschleppt; eine Tagung, dann Freunde, dann Verwandtschaft besucht. Hat super geklappt (ich habe mich als Babysitter bei der Tagung wacker geschlagen – kurz davor war mir echt Bange; ich habe mich ja schließlich ganz absichtlich für unsere Gemely-Konstruktion entschieden; weil ich eben auch noch gern andere Sachen machen möchte als das Kind zu hüten), auch Kiko war meist begeistert und neugierig und mehr als einmal hat sie reihenweise ICE-Fahrgäste beglückt – durch offenes Lächeln beim Zugspaziergang und durch schrilles Quieken hart an der Schmerzgrenze. Schlafen hat ok geklappt und zwei kleinere Krankheitsanflüge (mal Fieber und schlapp, mal Husten und schlapp) hat sie gut weggesteckt. Durch die Besuche bei anderen Eltern haben wir unseren Horizont erweitern und in einem Fall Kiko auch mal mit einem gleichaltrigen Baby vergleichen können. Deren Eltern haben von uns gelernt, dass Babys gern ein Stück Fenchel bekauen; wir von ihnen, dass Baby in diesem Alter sich durchaus schon eine ganze Weile auf dem Bauch liegend auf den Armen abstützen kann. Jetzt, wo wir wieder zurück sind, macht sie das plötzlich die ganze Zeit. Sie isst auch wieder mehr; vor der Reise hatten wir mit pürierten Möhren (roh, nur durch den Power-Mixer leicht erwärmt) angefangen, auf der Reise haben wir es eher erfolglos mit gekochtem Möhrenpüree aus dem Glas probiert (nur gekochte frische Kartoffeln hat sie mal gefuttert). Jetzt steht sie total auf Smoothie aus Wildkräutern und Avocados. Bleibt wohl erst mal ein Rohkostkind, so, wie A-lex und Emma sich das auch wünschen. Mir und Yuriko ist das eher egal (egal bis skeptisch, würde ich mal sagen), aber wenn es ihr schmeckt…
Worüber ich eigentlich schreiben will: Jetzt wird Kiko gerade größer, ihr Ausdruck verändert sich, sie macht ständig neue Dinge. Sie entwickelt sich, macht Anstalten zu krabbeln, zu essen, zu sitzen – und ich bekomme eher mehr Sorgen, ob wir auch wirklich alles richtig machen. Gestern habe ich erfahren, dass Emmas Art, die Kleine mit dem Gesicht nach vorn im Tragetuch zu tragen, ihre eigene Idee ist und nicht irgendwie anderweitig fundiert – und schon habe ich Sorgen, ob wir sie damit nicht orthopädisch Schaden nimmt.
Oder wenn ich sie so viel im Tuch habe, wo sie ja gar nicht Bewegungen üben kann… Ist das okay? Oder ich frage mich, ob ich genug mit ihr rede (damit sie Worte lernt) oder ob ich sie länger auf dem Bauch Krabbeln üben lassen soll – auch wenn sie ihre erste Frustgrenze erreicht und zu weinen beginnt. Wann nehme ich sie hoch und trage sie durchs Zimmer, so dass sie wieder glücklich zu glucksen beginnt?
Neulich hat ein Dösbaddel Yuriko (und mich damit irgendwie auch) verunsichert, indem er erklärt hat, sein dreimonatiges Kind wäre schon genauso weit wie die doppelt so alte Kiko (hat sich spätestens bei der U5 (oder U6) als Unfug erwiesen) – und andere machen so Bemerkungen in die Richtung, dass Kiko bestimmt verwöhnt wird bei so viel Aufmerksamkeit… Puh. Dabei sind wir super im Kontakt mit ihr, sie freut sich über uns und wir uns über sie, wir lassen ihr Zeit alleine zum Rumliegen und Turnen, wir machen jeweils auch unser Ding, wenn wir Kiko-Schicht haben. Ich wasche und hänge zum Beispiel gern Wäsche auf mit Kiko im Tuch oder bringe Müll und Papier weg – und die anderen hängen auch nicht immer an ihr dran. Jedenfalls nicht mehr, als schön und nötig und vernünftig.
Na ja und dann kommt es mir (nach den 12 Tagen Reise mit Kiko und ihrer Bio-Mutter/meiner Partnerin) halt auch gerade ein bisschen komisch vor, dass ich drei Stunden Kiko habe und sie dann übergebe und in mein Büro marschiere und mich dort in meine beruflichen Projekte vertiefe. Da bin ich dann so weit von unserem Kind entfernt – ist das noch väterlich?
Ich werde also etwas unsicher – was Yuriko gegen Ende der Schwangerschaft erlebt hat, nämlich den Frust direkt vor ihrer bis heute andauernden Babyratgeberallergie, erreicht jetzt mich. Dabei FÜHLT SICH ALLES RICHTIG AN. Dann kann es doch so falsch nicht sein -? Ich hab mich ja auch resistent gegen den ganzen Esokram gemacht, der mir in meinem relativ alternativen Umfeld ständig unter die Nase gehalten wird – von Lichtnahrung über Geomantie bis zum ultimativen Zähneputzgeheimnis. Dann kann ich doch auch beim Baby locker bleiben…? Nee, das ist eben nicht so einfach, weil es nicht nur um mich geht. Es wäre schon doof, wenn Kiko später Kreuzprobleme hätte, weil wir sie jetzt schon immer auf dem Schoß sitzen lassen haben und EINFACH NICHT WUSSTEN, dass das gar nicht geht. Aber ich les doch jetzt nicht die ganze Babyliteratur, dann kann ich ja gar nicht mehr schlafen.
Wie macht ihr anderen das?
Wehmut
Neulich war ich mit Kiko und Yuriko 2 Tage unterwegs. Ich habe es sehr genossen, Kiko so lange am Stück zu erleben. Nach dem Ausflug kam so etwas wie Wehmut auf. Ich frage mich, ob ich da, im Gegensatz zu einer klassischen Familie mit nur 2 Eltern etwas verpasse? Durch die Vierteilung unserer Wochenzeit mit Kiko, bekomme ich in der Regel nur Ausschnitte aus ihrem Leben mit (in der Regel neben Mittag- und Abendessen circa 2,5h pro Tag plus alle 2-3 Nächte). Die Lücken werden durch Berichte der anderen gefüllt. Natürlich haben „normale“ Familien auch das Problem, dass sie nebenbei noch irgendwie Geld verdienen müssen und dadurch auch nicht permanent mit ihren Kindern zusammen sein können. Aber ich glaube, dass sie zumindest weniger große Lücken im Zusammensein mit Kind aufweisen, als ich. Zum Beispiel an den Wochenenden. So viel Vorteile unsere Gemely uns allen bietet, finde ich das doch einen Wermutstropfen. Ich bin einfach so fasziniert davon, Kiko beim Heranwachsen begleiten zu dürfen und ihr dabei zuzuschauen! Momentan ist sie mit Yuriko und Heiko 10 Tage unterwegs in Süddeutschland. Auf der einen Seite vermisse ich unser Gemelyzusammenleben mit Kiko, auf der anderen Seite habe ich seit langem mal wieder mehr Zeit für mich und Emma. Hin- und hergerissen.
A-lex
identität
vor nun bereits wieder vier wochen hatten wir mit der gruppe, deren teil wir sind, einen intensivtag. das heißt, wir haben uns den ganzen tag miteinander getroffen und alle möglichen anliegenden themen besprochen. ich nenne diese gruppe jetzt einfach mal die „gang“, weil sonst gleich alles durcheinander gehen wird. also: es gibt die „gang“, eine gruppe von freund_innen, die sich gemeinsam ein haus teilt, und innerhalb dieser gang gibt es dann noch die „gemely“, die gemeinsam kiko beeltert.
ein großes thema war an diesem wochenende die abgrenzung zwischen diesen beiden gruppen. wir haben unter anderem ein „spiel“ gemacht, bei dem die gang im kreis stand und immer eine person in die mitte gegangen ist und ein statement in den raum gesetzt hat. unter anderem sowas wie: „ich finde, dass die gemely dazu beigetragen hat, dass unser haus jetzt immer warm und wohnlich ist“. (genauer wortlaut war etwas anders, glaube ich). alle anderen, die sich dem statement anschließen konnten/wollten, sind dann auch in die mitte gegangen. was dann interessanterweise passierte war, dass bei dem gerade genannten nur ich, heiko, emma und a-lex in die mitte gegangen sind und die anderen nicht.
im anschluss daran haben wir in der runde zusammen gesessen und über die statements gesprochen und wie es uns gerade so geht mit diesen beiden gruppen. eine mitbewohnerin von uns hat dann gesagt, dass sie nicht in die mitte gegangen sei, weil sie nicht findet, dass das ein verdienst der gemely sei, sondern dass das immer mit einem kind einhergehe.
dann wurde uns noch gespiegelt, dass sich diese unsere haltung arrogant anfühlen würde, und dass die selbstbezeichnung als gemely etwas abgrenzendes und trennendes habe.
für mich war das sehr erhellend. und obwohl ich das natürlich nicht so leicht schlucken konnte, kann ich das auch nachvollziehen. wir kamen dann als gruppe zu der frage, warum eigentlich diese klare fixierung, wer zur gemely gehört und wer nicht, und das ganze überhaupt so zu nennen, so wichtig ist.
meine antwort darauf ist zur zeit, dass ich das konstrukt gemely als vertrauensrahmen brauche. gemely, das sind für mich die leute, die sich, wenn sie denn alle dürften, als sorgeberechtigte eintragen lassen würden, mit allen jahrelangen konsequenzen und der willenserklärung, für kiko da zu sein, bis sie erwachsen ist. ihr leben so umzubauen, dass die verantwortung für kiko darin platz hat.
ich brauche diesen identifikationsraum „gemely“, um einen rahmen zu haben, an dem ich mich festhalten kann. damit ich mir nicht mehr so viele gedanken machen muss, ob wir kiko mit diesen vielen eltern nicht vor allem das risiko von vielen beziehungsabbrüchen mitgeben.
was mit dieser definierung aber leider auch leichter passiert ist eine grenzziehung, die vielleicht so gar nicht nötig ist. ich zumindest freue mich total darüber, wenn auch andere aus der gang lust haben, für kiko da zu sein. und das findet in der praxis auch immer wieder statt. und kiko liebt alle aus der gang. zumindest freut sie sich immer sehr über alle. und ich glaube, dass die gang für kiko sowieso zu ihrem zuhause dazu gehört. und ich diskutiere so fragen, ob wir kiko impfen lassen, auch gern mit allen. und es gibt ja super viele themen – zum beispiel, wie lange wir das gemeinsame wohnzimmer noch als kiko-schlafraum squatten – die ganz klar alle betreffen. und dann gibt’s aber auch themen, wie zum beispiel, für wen wir bei der kinderärztin eine vollmacht hinterlegen, dass er/sie allein mit kiko hingehen und alles entscheiden darf, die für mich irgendwie verknüpft sind mit dem grad der verbindlichkeit.
naja – und dass dieser grad der verbindlichkeit aber auch wieder viel mit der freiheit und den möglichkeiten der einzelnen zu tun hat, in ihrem leben derzeit so viel platz für ein kind einzuräumen, ist mir auch klar.
ich hoffe, dass diese gemely-identitätsgrenze sich langsam immer mehr entspannt und wir rollen und bezeichnungen finden, die sich für alle gut anfühlen. die der situation gerecht werden, aber sich nicht ausschließend anfühlen. und wahrscheinlich ist es auch ganz gut, wenn „wir“ gemelies mal ein bisschen runterkommen von unserem „wir sind ja so cool, weil wir ein alternatives beelterungsmodell leben“-trip. es geht ja nicht um hippness, sondern darum, ein modell zu erfinden, dass ganz genau UNSEREN (und mit unser meine ich jetzt auch die gang) bedürfnissen entspricht, mit einem kind zusammen zu leben. und hoffentlich auch den bedürfnissen des kindes. und es geht nicht darum, wieder neue normen zu setzen – „SO sollten alle mit kindern leben und nicht in einer pfui bah kleinfamilie“!. aber irgendeinen rahmen zum festhalten brauche ich anscheinend schon.
(fast) 24 stunden alleinerziehend
sooooo, jetzt bin ich mal wieder ganz allein mit kiko. im januar sind wir zwei schon einmal gemeinsam verreist für fünf tage, aber seitdem hatten wir das noch nicht wieder. alex und emma sind bei einem seminar, heiko hat seinen zweiten truppmanns-lehrgang für die freiwillige feuerwehr, (und da sind sogar 1/3 frauen* dabei!), joel gibt ein seminar und unsere weitere mitbewohnerin besucht freund_innen.
und wisst ihr was? ich finde es ein bisschen aufregend. schön aufregend, aber trotzdem ein bisschen aufregend. dabei mache ich mir gar keine sorgen, dass irgendwas blöd laufen könnte. ich merke einfach, dass es eine andere art von daueraufmerksamkeit erfordert, kikos bedürfnisse ganz allein im blick zu haben. ich meine, das ist sowieso ein bisschen immer so bei mir, seit sie auf der welt ist. aber wenn ich sie bei den anderen gut aufgehoben weiß, dann kann ich auch schon mal ganz gut in meiner diplomarbeit abtauchen, oder im netz oder sonst wo.
während ich das jetzt schreibe, geht mir die frage durch den kopf, ob viele von euch, die das lesen, sich jetzt denken, dass das luxusprobleme sind, und dass ich ja keine „richtige“ mutter bin, wenn ich es nach fünfeinhalb monaten noch aufregend finde, länger allein für sie verantwortlich zu sein. weil zu elternschaft leiden und aufopferungsbereitschaft dazu gehört, und wer nicht mindestens im ersten jahr die ganze zeit mit kinntiefen augenringen herumläuft, gar nicht erst mitzureden braucht. ha, mal wieder ein inneres elternbild entlarvt!
aber jetzt mal ernsthaft: hat eine_r von euch lesenden da draußen sowas gedacht? und traut sich, mir das als kommentar zu schreiben?
das ist überhaupt ein ganz schön interessantes thema, diese vielen kleinen, sich immer wieder heimlich anschleichenden, gut verinnerlichten gesellschaftlichen elternrollenbilder. ich finde es ganz schön anstrengend, wie die immer wieder versuchen, mir unsere wohl überlegte und selbst gewählte, mich eigentlich sehr beglückende gemely madig zu machen in meinem kopf.
Zu viel Liebe?
Geht das, kann dieses Kind zu viel Liebe bekommen? Ich glaube nicht. Es ist halt der totale Luxus, wann immer sie wach ist, ist jemand da, der/die Zeit hat und ihr die volle liebende Aufmerksamkeit schenken kann. Eltern mit Arbeitsstress, Krankheit oder emotionalen Durchläufen sieht sie also eher selten. Weil ich davon ausgehe, dass jedes Kind soviel Liebe verdient hat, freue ich mich täglich darüber. Bisher sieht es auch so aus, als bekomme es ihr gut.
Manchmal schleichen sich Zweifel ein, die glaub ich aus meiner Sozialisation stammen. Wird sie zu verwöhnt und später nicht in der Lage sein, sich mit sich selbst zu beschäftigen? Sind wir zu doll fixiert auf sie und belasten sie damit? Muss dieses Kind sich die Geschichten von 4 statt 2 (1) Elternteilen aufladen? … Kinder übernehmen ja gerne Verantwortung für unerlöste Themen der Eltern.
Ich kann jetzt ja noch keine Antworten auf diese Fragen geben …