Yeah! WLMW is back!

yuriko als eine der mitorganisator_innen proudly presents:

Wer lebt mit wem? Warum? Und wie? -das selbstorganisierte Sommercamp für Kinder, Jugendliche, deren Hauptbezugspersonen, Eltern, Co-Eltern, (Wahl-)Verwandte, Mitbewohner_innen, Freund_innen, Menschen mit und ohne Verantwortung für Kinder und für alle anderen Interessierten!

Vom 15.-20. August 2014 möchten wir in den Gastwerken in Escherode (bei Kassel) mit euch gemeinsam das gute Leben ausprobieren und einen Ort für Austausch, Veränderung und gegenseitige Unterstützung aus einer queer_feministischen, rassismuskritischen und Anti-Diskriminierungsperspektive schaffen.

Für jeden Tag gibt es ein bestimmtes Oberthema, zu dem es je ein oder zwei vorbereitete Workshops geben wird und viel Platz für die Themen, die wir alle dazu mitbringen. Selbstverständlich können auch an jedem Tag Workshops, Austauschrunden oder ähnliches zu ganz anderen Themen eingebracht werden.

15.8., Ankommenstag: Thema Selbstorganisation – ganz praktisch erfahrbar in der Mitgestaltung der Camp-Strukturen

16.8., 1.Tag: Adultismus – Machtverhältnisse zwischen Erwachsenen und Kindern – Gleichwertig, gleichwürdig, gleichberechtigt?

17.8., 2. Tag: We are family – Familienformen und Familiennormen (Gender und Klasse, Heteronormativität, Erfahrungsaustausch zu Alternativen…)

18.8., 3. Tag: Rassismus (Reflexion über meine eigene Position innerhalb der gesellschaftlichen rassistischen Strukturen, wie rede ich mit Kindern drüber…)

19.8., 4.Tag: Ideas for Change – Vernetzung und Projekte schmieden

20.8., Abreisetag: Empowerment – Uns gegenseitig unterstützen und mit Elan weitermachen – wie kann ich Kraft und Mut für Veränderungen mit nach Hause nehmen?

Einige von uns, die das hier lesen, leben seit Jahren Antworten auf manche dieser Fragen, für andere von uns ist einiges hier vielleicht ziemlich neu. Wir wollen es hinkriegen, dass sowohl vertiefte voraussetzungsvolle Diskussionen geführt werden können, als auch genug Raum für viele, viele Fragen ist.

Alles für alle! Das Camp versucht ein Ort für alle Menschen zu sein: Mit Workshops und Partizipationsangeboten für verschiedene Altersgruppen, günstigem Essen für alle, 24h nutzbarer Küche für besondere Bedürfnisse, einer klaren Tagesstruktur, solidarischen Modellen für Campbeitrag und Reisekosten, Awareness-Gruppe und FLTI*-Zeltbereich. Wir arbeiten an Lösungen für Rollifahrer_innen, für Übersetzungen und für weitere Bedürfnisse. Kontaktiert uns gern, dann können wir gemeinsam überlegen, was es braucht und was wir möglich machen können.

Weitere Infos und Updates findet ihr hier: www.wer-lebt-mit-wem.de

Das Camp lebt von Themen, Ideen, Workshopangeboten, Diskussionsbeiträgen, Fragen usw. Wir freuen uns schon auf das alles – und auf euch!

Bis bald, die Orga-Crew.

Erster Ausflug ohne Biomutter

Endlich war es soweit, Alex, Kiko und ich fahren alleine nach Berlin, ohne Biomuitter ohne Brust und Muttermilch. Von Donnerstag bis Sonntag waren wir unterwegs.
Wir ware alle mächtig aufgeregt, wir Co-Eltern, wie das wohl wird , wenn zum Abendessen wie immer Yuriko erwartet wird. Yuriko, weil sie nach 1,5 Jahren das erste mal ohne Kiko unterwegs war…
Und so war es, beim Abendessen bei den Großeltern suchte sie nach Yuriko. Wir haben ihr mehrmals alle Zimmer im Haus gezeigt, sie hat ein paar verzweifelte Tränen vergossen und irgendwann akzeptiert, dass es wohl so ist. Ab da war dann alles prima und so wie immer. WOW! Alex und ich hatten unsere ersten Kleinfamilienerfahrungen. Ganz überbeschäftigt mit dem Kind, da es ja noch so neu war. Und ganz selbstverständlich waren wir in der Öffentlichkeit ihre Eltern. Wer würde das in Frage stellen.
Auf dem Heimweg treffen wir dann Yuriko und da musste natürlich sofort die brust her vor allem anderen.
Die Tage danach ist sie nun etwas sehr klebrig an Biomutter und Biovater. Wahrscheinlich muss das erst mal verarbeitet werden.
Und wir haben uns ein neues Stück freiheit erobert, mit Kiko ohne Biomutter losziehen.

Abstillen

Eigentlich sollte ich vorgestern damit anfangen. Nun ist Kiko aber krank und der Kelch ist an mir vorübergegangen. Neulich haben wir alle vier Erwachsenen einen Spaziergang gemacht, Kiko im Manduka schlafen lassen und uns darüber ausgetauscht. Yuriko genießt zwar das Stillen auch, aber fühlt sich zunehmend ausgezehrt und freut sich auf Durchschlafen im eigenen Bett. Dennoch bedeutet das Abstille auch Loslassen und braucht ein bisschen Zeit. Für uns andere hat das Stillen zwar gewisse Bequemlichkeiten, aber wir begrüßen auch die neuen Möglichkeiten, Ausflüge mit Kiko ohne Yuriko, nur alle 4 Nächte dran sein, 100% für sie sorgen können. Wir wollen das Abstillen jetzt angehen. Nach langem Hinundherüberlegen haben wir uns entschieden, mit den Nächten anzufangen und diese dann je eine_r von uns 3 anderen alleine ohne Yuriko zu machen. Nun fürchten wir uns alle schon ein bisschen davor, obwohl wir wirklich gar nicht wissen, wie es wird. Aber wir wissen auch, das das schon alle Eltern irgendwann geschafft haben!!!
2 tage später …..es kam alles ganz anders. Nun ist Yuriko so krank geworden, dass sie nicht mehr stillen konnte und Alex musste spontan in seiner Schicht die Nacht übernehmen. Sie ist nur einmal aufgewacht, hat verzweifelt nach Yuriko gesucht und nachdem klar war, sie ist nicht da, die Flasche genommen und wieder geschlafen….bis Alexs Wecker um 7 klingelte (na das lernen wir auch noch, den vorher auszumachen). heute bin ich dran, yuchee, wenn das so einfach ist!

Auch mal was Kontoverses zwischen uns – Zahnpflege

Beim Thema Zahnpflege bahnt sich ein Konflikt an, naja vielleicht auch nicht.
Yuriko und ich haben vor einem halben Jahr, seit Kiko erste Zähne hat, angefangen ihr mit unserer Methode (Swak und Miswak-Zahnhölzchen) die Zähne zu putzen. Es war das, was wir selbst für uns gerade herausgefunden hatten, es war das, was wir da hatten. Aber wir haben es auch nicht mit den anderen diskutiert. Heiko hat nun ein halbes Jahr später plötzlich eine Zahnpasta und Zahnbürste angeschleppt. Auch ohne das zu diskutieren. Alex wiederum hat festgestellt, dass er persönlich ohne Putzen am besten klarkommt. Nun putzt Kiko sich mit beiden Bürsten die Zähne, an einem Abend alle 3 Tage dann auch noch mit Zahnpasta drauf. Ich bin überhaupt nicht begeistert. V.a. weil es keine Auseinandersetzung dazu gab, muss mir aber auch vorwerfen lassen, dass ich einfach Tatsachen geschaffen habe am Anfang. Yuriko hat gar nicht so ein Problem damit, dass Kiko mal so mal so die Zähne putzt. Ich vermute, dass es besser ist, da eine klare Aussage zu machen, woher soll sie später wissen, was gut für sie ist.
Manchmal denke ich, dass es leichter ist, mit weniger Bezugspersonen klären zu müssen, wie was gemacht wird. Ich kann so z.B. meine Vorstellung von einem gesunden Aufwachsen von Kiko einfach nicht konsequent verfolgen und die anderen auch nicht. Aber wahrscheinlich streiten sich nur 2 Elternteile auch schon mal über sowas wie Zahnpflege oder Ernährung.
Ganz grundsätzlich fände ich es gut, wenn wir das mit dem Zähneputzen thematisieren würden und werde es beim nächsten gemely-treffen ansprechen.

Weihnachten und Großeltern

Kiko hat ja mit vier Eltern eine große Schar von Verwandten, streng genommen 4 Großmütter und 4 Großväter, etliche Tanten, Onkels, Cousinen und Cousins. In unserem Fall kommen nicht alle Großeltern als Opas/Omis etc. in Frage, aber zumindest einige. Z.B. meine Eltern. Hätte ich selbst ein Kind zur Welt gebracht, wären sie bestimmt gleich darauf vorbeigekommen, zumindest meine Mutter. Bei einem Co-Kind ist das anders. Ich versuche ihnen zwar klar zu machen, dass ich dieses Kind wie mein eigenes betrachte und auch kein anderes Enkelkind produzieren werde. Dennoch fällt es ihnen schwer, Kiko als ihr Enkelkind zu sehen. Ich bin enttäuscht, ja leider. Alexs Vater samt Frau, auch seine Mutter nehmen das lockerer, sie haben viele Enkelkinder und freuen sich scherzhaft darüber, jetzt Viertelopa und -oma zu sein. An Weihnachten (Kiko ist 15 Monate alt) kam es dann endlich zu einer ersten Begegnung mit Kiko, mir als Mama und meinen Eltern. Wir hatten einen schönen Nachmittag vor dem Weihnachtsbaum, Kiko war die ganze Zeit gut drauf, meine Eltern begeistert von ihr. Ob sie sich jetzt doch ein bisschen wie Kikos Großeltern fühlen, ich weiß es noch nicht, ich muss sie erst fragen. Wahrscheinlich zögere ich das extra hinaus, ich vergesse immer zu fragen, will nicht enttäuscht werden.
Mit all unseren Geschwistern und ihren Kindern ist es übrigens total nett, die Viertel-onkels und Vierteltanten haben ihr Nichte voll aufgenommen. Das ist schön!

Co-Muttersein nach 16 Monaten

Gerade lege ich das Buch von Jochen König weg „Fritzi und ich“, wo er darüber schreibt, wie es ist, als Vater alleinerziehend zu sein und welchen Rollenklischees mensch überall begegnet. Echt tolles Buch! Am Ende schreibt er, dass es für eine Person eigentlich eine viel zu große Aufgabe sei, ein Kind großzuziehen, sogar für 2 Personen, die dann auch noch Beziehungsthemen haben und dass es eigentlich mehr Menschen in Elternverantwortung bräuchte. Das wären dann also wir, vier Leute, die sich freiwillig zusammen um ein Kind kümmern. Wenn ich den Alltag eines allein erziehenden Menschen oder sogar von zuzweit-erziehenden Menschen so mitbekomme, bin ich mir regelmäßig des großen Luxus bewusst, den wir gerade erleben. Selbst wenn ich, wie gerade, zwei Nächte hintereinander, 2 Morgende und 2 Vormittage hintereinander auf Kiko aufpasse, so kommen doch zu jeder Mahlzeit die andern Eltern zusammen und ich kann sie wieder abgeben. Und heute Nachmittag kann ich dann ganz ungestört in meinem Bauwagen sitzen und mich gründlich erholen von der stressigen Zeit, die ich gerade hatte (Messe, Deadlines in meiner Arbeit und so), sogar heute Abend auch noch. Ich bin erst morgen um 9 wieder dran.
Im Moment ist mein Kontakt zu Kiko auch dementsprechend nicht sooo rosig. Es geht uns gut miteinander, aber sie merkt, dass ich etwas abgespannt bin. Mittlerweile kann ich aber gut damit leben. Es gibt auch andere Zeiten, in denen es superschön ist mit uns. Ich fühle mich mittlerweile zu -sagen wir- 90% als vollwertige Mutter. Die Einschränkung mache ich, weil wir das mit dem Abstillen noch nicht durch haben und so die Nächte immer noch ganz von Yuriko abhängen. Solange wir das noch nicht machen, fühle ich mich auf diesem Gebiet einfach total unsicher.
Das Gefühl von vollwertiger Elternschaft kommt aber auch vom Kontakt mit Kiko, sie macht deutlich klar, was sie will und ich lerne mit ihr, was sie braucht, wie sie ist, wenn sie müde wird, was sie mag und nicht mag, ihre ersten Worte (Hallo, Menno und Geil) und ihre vielen neuen Worte, die sie gerade lernt. So entsteht ganz leicht bei mir das Gefühl, dass ich vollwertig für sie sorgen kann und wir unsere ganz eigene Beziehung zu einander entwickeln. Aus diesem Gefühl kam dann auch vor Weihnachten der Impuls von mir, sie alleine ins Bett zu bringen. Mittlerweile klappt das bei allen richtig gut. Das trägt auch zu diesem Gefühl bei.
Es ist leider immer noch so, dass sie alles stehen und liegen lässt, das Buch, das wir gerade anschauen, das Stück Kartoffel, für das sie gerade den Mund aufgemacht hat, wenn sie Yurikos und Heikos Stimme hört. Ehrlich gesagt, das nervt! Heute hatte ich ihr was gekocht. Kurz bevor es fertig war, kam Yuriko rein und der Hunger wurde an der Brust gestillt. Danach war mein Essen noch gut, um es vom Teller auf den Tisch und von dort herunterfallen zu lassen. Da merke ich, dass ich mit dem Thema doch noch nicht so entspannt bin. Ich nehme es mir nicht mehr so persönlich zu Herzen, aber es nervt. Und dabei bin ich mir sicher, dass diese Unterscheidung nicht darauf zurückzuführen ist, dass eine_r von uns besser mit ihr umgehen kann und deshalb beliebter ist. Es kommt vom Gebären, Stillen und der engen Beziehung zwischen Heiko und Yuriko. Ändern wird sich vielleicht etwas, wenn Kiko abgestillt ist und wir alle unabhängiger uns bewegen können. Ich freue mich auch schon sehr darauf, mal mit Alex und Kiko alleine Zeit zu verbringen, irgendwohin zu fahren oder so.
Interessant finde ich, dass trotz nur Viertelelternschaft mein Leben fast ausschließlich aus Kind und Alltag besteht. Es fällt mir seit Kiko da ist, regelmäßig schwer, meinem Leben eine Richtung zu geben, mir wirklich bewusst zu sein, was mir wichtig ist, mir Ziele zu setzen. Es gibt mal so Momente, aber die versacken dann wieder im alltäglichen Rhythmus, alle 3 Tage Kikonachtabendundmorgen, täglich 2 Stunden von 9-11 oder von 11-13 Uhr oder von 14.30-16.30 oder von 16.30 bis 18.30.
vielleicht ist das am Anfang eines Lebens mit Kindern einfach so und irgendwann werden wir alle wieder selbstständiger, die Kinder und die Eltern.

Mehr Verantwortung – und meine Selbstgefälligkeit

Zwei Wochen nach dem letzten Eintrag ist das Ins-Bett-Bringen zumindest für mich kein Thema mehr. Ich finde es sogar schön. Ich hab noch mal eine ganz andere, größere (gefühlt!) Verantwortung für Kiko. Mal weint sie, ich glaube aber nicht, dass es ihr tatsächlich schlecht geht, mal brabbelt sie zufrieden vor sich hin oder sagt gar nichts und braucht nur eine Weile, um eine gute Schlafposition zu finden. Wenn ich nicht mit ihr einschlafe, gehe ich gern ins Nachbarzimmer und mache Dinge ganz allein, während Yuriko noch ihrer eigenen Abendgestaltung nachgeht. Dann schaue ich Mails durch oder lese. Und ich wäre bereit für den nächsten Schritt; ihr nämlich nachts eine Flasche zu geben und sie gar nicht mehr zu stillen. Darüber haben wir konkret noch nicht geredet (tun wir aber bestimmt nächste Woche), aber irgendwo genieße ich es, die volle Verantwortung zu haben und bin gespannt darauf. Wahrscheinlich würden wir einfach warme Dinkelmilch in die Flasche tun, das trinkt sie schon sehr gern, wenn sie aus ihrem Nachmittagsschlaf aufwacht.

Vielleicht bin ich ein kleines bisschen inspiriert von einem Buch, das ich gerade lese und das mir wirklich gut gefällt: „Fritzi und ich“ von Jochen König (Herder-Verlag). Da schildert ein junger Vater sehr flüssig geschrieben und ganz trocken davon, wie er seine Tochter als Haupterziehungsberechtigter aufzieht, während die Mutter des Kindes woanders wohnt und nur ab und zu mal das Kind nimmt. Der Vater macht also die meisten Nächte allein mit Fritzi und verbringt die Elternzeit auch mit vollem Einsatz für das Kind. Er schildert zum Beispiel, wie langweilig der Alltag mit Kind manchmal ist und wie er den Kontakt zu seinen Freunden zu verlieren fürchtet, erzählt aber auch, wie er ganz gut allein mit den Aufgaben des Elternseins zurechtkommt. In vielem finde ich mich total wieder, weil ich (außer Stillen) ja auch alles mache, was anfällt. Ich bin jedenfalls kein Vater, der sich vor der Babykacke ekelt oder so.
Andererseits haben wir es viel leichter; was der Autor darstellt, ist genauso anstrengend, wie wenn eine Mutter das alleine stemmen muss (und das schreibt er auch) – und wir sind zu viert. Deswegen wäre unsere Geschichte als Buch vielleicht auch nicht so toll zu lesen, weil sich ständig alle fragen würden – wo ist euer Problem? Wir haben ja kein nennenswertes.
Jedenfalls habe ich großen Respekt vor Leuten, die mit weniger als vier Erwachsenen ein Kind großziehen, und mit dem Autor kann ich mich besonders gut identifizieren, weil er auch ein Vater ist. Vielleicht will ich deshalb jetzt auch mal die Nächte ganz allein machen, weil ich das auch können will.

Das Kind im Buch wurde natürlich auch nur kurz gestillt, sonst wäre das nicht gegangen. Und ich bin schon sehr froh darüber, dass bei uns alles zusammen ging: Keine Überbelastung für die Biomutter und trotzdem das Stillen, das sich nach wie vor sehr natürlich anfühlt und das ja in vielerlei Hinsicht auch sehr praktisch ist. Wenn wir jetzt den geschilderten nächsten Schritt angehen, birgt das auch Gefahren. Denn Kikos und Yurikos Beziehung hat ja viel mit dem Stillen zu tun. Ich bin sicher, dass die beiden auch ohne Stillen dicke Bande hätten – sicher wäre es auch schön für Yuriko, ihre Tochter ein bisschen autonomer zu erleben – aber vielleicht fühlt es sich auch ein bisschen getrennt an, wenn Yuriko dann die ersten Wochen ganz ohne Kiko schläft. Und bei mir besteht immer die Gefahr, dass ich so stolz auf meine ersten allein überstandenen Nächte bin, dass sich eine Überheblichkeit einstellt und ich Yuriko gegenüber nicht mehr diesen grenzenlosen Respekt aufbringe, den ich jetzt habe, weil sie immer für unser Kind da ist. Ich weiß es nicht, ich kann eben einfach auch ganz schön selbstgefällig sein.

Vielleicht dazu passend hab ich noch ein Thema, über das ich seit ein paar Tagen schreiben will. Ich hab ja das Gefühl, dass ich das gut hinkriege mit Kiko in den Zeiten, in denen ich mich um sie kümmere. Seitdem ich sie zu Bett bringe, hab ich noch mehr dieses Gefühl.
Die Zeiten ohne Kiko genieße ich aber weiterhin auch sehr. Hab ich ja schon erwähnt, dass ich unglaublich gern an meinem Schreibtisch meinen verschiedenen Arbeiten nachgehe, die bezahlt werden oder kreativ sind oder sich sonst wie wichtig und richtig anfühlen. Ich freue mich auf jede Zeit ohne Kiko, obwohl ich so begeistert über sie und so stolz auf sie und uns bin.

Jetzt ist es so, dass die anderen den Umgang mit Kiko offensichtlich genauso gut hinkriegen. Sowohl tagsüber als auch beim Ins-Bett-bringen. UND TROTZDEM gibt es da ein ganz seltsames Gefühl, und zwar: Die anderen tun mir ein bisschen leid, wenn ich ihnen Kiko übergebe, meine „Schicht“ zu Ende ist und ich meinen Dingen nachgehen kann.
Ganz merkwürdig.
So á la: „Für mich ist es zwar eine Herausforderung, das Kind zu haben, aber ich kriege es gut hin. Ihr habt es vielleicht schwerer mit ihr, ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ihr mit dieser Herausforderung auch so euren Frieden macht wie ich“.
Und das ist nicht so. Oder? Es sieht wirklich nicht so aus. Das ist doch Selbstgefälligkeit.
Vielleicht geht’s mir zu gut mit unserem Kind?

Schreibt doch auch mal wieder was, liebe Co-Eltern.

ab ins Bett

Als Yuriko vor ein paar Wochen festgestellt hat, dass Kiko vier Mal hintereinander gar nicht mehr beim Stillen, sondern erst danach auf ihrem Arm eingeschlafen ist, wurde „beschlossen“, sie ab sofort nicht mehr in den Schlaf zu stillen. Stattdessen sollte jemand anderes aus der Gemely sie ins Bett bringen, nachdem Yuriko die Kleine zum letzten Mal abends gestillt hat und sie offensichtlich müde ist. Das letzte Stillen sollte dann auch nicht mehr an Kikos Bett im Obergeschoss, sondern unten in der Wohnküche stattfinden. „Beschlossen“ habe ich oben in Anführungszeichen gesetzt, weil das kein Beschluss war, der gemeinsam am Tisch getroffen wurde, sondern einer, der – zumindest für mich – einfach da war (also eigentlich nicht wirklich ein Beschluss, oder?). Hat mich überrascht und auch ein bisschen gestresst, aber ich will ja auch, dass Yuriko und Kiko und damit wir alle unabhängiger werden, also finde ich das okay. Wir machen das jetzt seit zwei, drei Wochen so und ich will mal erzählen, wie das klappt.
A-lex hat so eine Technik, da hält er die Kleine im Arm und (glaube ich) läuft mit ihr herum. Und er singt so ein sprirituelles Endloslied in unbekannter (oder Fantasie-?) Sprache. Dabei schläft sie ein und dann kann er sie ablegen. Emma hat sie, glaube ich, jedesmal bald in die Babytrage (Manduca) gesteckt und Kiko in den Schlaf getragen, weil sie im Bett so geweint hat. Das finde ich nicht so toll, so einen Aufwand zu betreiben, ich möchte lieber, dass sie lernt, in ihrem Bett einzuschlafen. Ich lege mich also mit ihr hin und setze sie rittlings mir zugewandt auf den Schoß. Dann weint sie eine Weile und irgendwann legt sie sich auf mich und schläft ein. Die paar Mal, die wir das zu Hause gemacht haben, hat es also im Prinzip geklappt, allerdings muss Kiko eben meistens (und manchmal ganz ordentlich) weinen. Wir wissen alle, dass dieser Punkt irgendwann kommt, an dem Kiko nicht das kriegen kann, was sie gerne hätte. Das erleben wir ja tagsüber auch ab und zu, wenn sie lieber bei Yuriko sein will als bei einer von uns. Aber abends, wenn ich selbst müde bin und ja auch nicht weiß, ob sie nicht doch noch Hunger hat oder so, da kann das hart sein. Gestern Abend hatte ich nämlich so eine Nacht, da war es wirklich schlimm.
Wir sind jetzt alle zusammen im Urlaub in den Bergen, und weil Yuriko und ich mal wieder als Paar schlafen möchten, schläft Kiko bei uns im Bett und wird dann an zwei von drei Morgen von A-lex oder Emma abgeholt, wenn sie wach wird. Wie zu Hause, nur dass ich immer die Nächte mit Yuriko mache.
Und aus irgendeinem Grund (mein Ehrgeiz? Weil wir fanden, das sei einfacher für Kiko?) ist es so gekommen, dass ich sie jeden Abend ins Bett bringe. Tatsächlich bin ich mächtig stolz, wenn mir das gelingt. An den ersten zwei Abenden hat es nach einigem Weinen geklappt, am dritten (da war sie krank und eh schlapp und fiebrig) komplett ohne weinen und gestern dann irgendwie gar nicht. Wenn es sonst mit fünf bis zehn Minuten Weinen getan war, das dann leiser wird und schließlich verstummt, wenn Kiko bäuchlings oder auch mal andersherum auf meiner Brust einschläft, dann musste ich gestern eine gefühlte halbe Stunde schlimmes Weinen aushalten, während dem sie immer wieder zur Tür gezeigt hat. Bis ich aufgestanden und runter gegangen bin. Ich habe so im Kopf, dass ich das auf keinen Fall tun dürfte, weil sie dann lernt, dass sie nur lange genug weinen muss, damit dann doch das passiert, was sie will. Yuriko hält dagegen, dass Zu-Bett-Gehen doch keine angstbesetzte Geschichte für sie werden soll und dass wir weiterhin versuchen sollten, ihre Bedürfnisse gegeneinander abzuwägen (Müdigkeit – Angst/Panik/Nicht-Wissen-was-das-soll). Immerhin sind wir uns schon auch einig, dass Weinen nicht automatisch was Schlimmes sein muss, dass Kiko auch Spannungen abbaut durchs Weinen. Aber es gibt halt ein normales Müde-sein-Einschlafweinen, und gestern hab ich eher ein Panik-ich-brauch-was-anderes-Hilfe-Weinen gehört.
Ich bin dann jedenfalls runter, und es war vielleicht ganz gut, dass da nicht Yuriko, sondern nur Emma in der Wohnküche saß, von der sich die Kleine dann auch ganz süß beruhigen ließ. Saß auf Emmas Schoß und hat noch ein bisschen geschnieft und dann alles mit großen müden Augen angeschaut. Dann kam sie wieder mit auf meinen Arm und wir haben es ein zweites Mal probiert. Übrigens ist sie, wie auch schon beim ersten Mal in dieser Nacht, freiwillig auf meinen Arm aufgestiegen und wir haben den im Wohnzimmer verbliebenen sogar noch Gute-nacht gesagt und gewunken – Kiko hatte also schon klar, dass es jetzt ins Bett geht.
Beim zweiten Mal hat es auch geklappt (natürlich wieder mit Weinen), als ich sie dann aber nach 10 min auf meiner Brust auf ihren Rücken abgelegt habe, ist sie dabei aufgewacht und hat wieder wirklich ganz schlimm geschrien und zur Tür gezeigt.

Da bin ich dann nicht allzulange mit ihr im Bett liegen geblieben und hab sie auch nicht lange im Dunkeln herumgetragen, sondern bin wieder runter. Da war noch Emma, und die hat sie dann ohne lang zu fackeln in den Manduca gepackt, wo sie nach einigem Herumwandern auch eingeschlafen ist. Ich blieb lesend unten und war richtig mitgenommen. Vielleicht spüre ich ja mehr als ich wahrhaben will, ob Kikos Weinen ein Ich-bin-müde-Schreien oder ein Panik-Schreien ist?
Als Emma das schlafende Kind dann im Bett ablegen wollte, ist es wieder aufgewacht, und als die beiden dann wieder unten auftauchten, kam zufällig Yuriko aus der Nachbar-Ferienwohnung, wo sie bei Bekannten war. Sie hat Kiko dann gestillt und konnte sie ganz leicht ablegen.
Wahrscheinlich war sie also einfach noch nicht satt.

(später geschrieben:) Am nächsten Tag hab ich A-lex das Ins-Bett-Bringen überlassen und am Abend darauf hat es bei mir auch wieder gut geklappt. Normales Einschlafweinen und dann fest geschlafen. Das sind so unsere Abenteuer – hört sich wahrscheinlich absurd an für Leute, die das Standard-Schlaftraining absolvieren und die ihre Babys danach einfach nur ins Bettchen legen müssen… Aber ich komme nicht auf die Idee, dass wir Kiko falsch erziehen. Es ist ein spannender gemeinsamer Weg, den wir fünf da gehen, und ich freu mich täglich über die Gemely. Ich versuche, darüber auch mal wieder was zu schreiben!

Partner und Eltern

Dem Kind geht’s gut mit den Eltern,
mir geht’s gut mit dem Kind,
und mir geht’s gut mit meiner Partnerin (und der Mutter des Kindes) – aber leider viel zu selten.
Ich bin wirklich eher einer, der auch gern „sein eigenes Ding“ macht, aber inzwischen habe ich festgestellt, dass ich seit 14 Monaten nicht genug von Yuriko bekomme. Ich sag jetzt nicht, dass unsere Elternkonstellation daran schuld ist – aber gelöst wird dieses Problem durch die Gemely auch nicht. Was könnten wir da noch besser machen, an welcher Schraube könnten wir drehen?

Durch die anderen Eltern haben Yuriko und ich ja schon ab und zu die Möglichkeit, Zeit ganz allein zu verbringen. Aber das machen wir selten. Die Nächte haben wir mit Kind oder gar nicht zusammen, solange Kiko noch nicht abgestillt ist (und es sieht so aus, als würden wir damit warten, bis die Kleine von selbst den Appetit auf Muttermilch verliert). Wenn wir zu zweit Eltern wären, dann wären wir immer zusammen – gut möglich, dass das eine viel schlimmere Krise hervorrufen würde, aber wir hätten vielleicht auch das Gefühl, zusammen durch dick und dünn gegangen zu sein. Jetzt dagegen finde ich mich an Abenden, die ich nicht mit Yuriko und der Kleinen verbringe oder arbeite, mitunter vor dem Fernseher wieder. Was ich wiederum oft total gut finde – aber manchmal eben auch unpassend: Da bin ich einundvierzig Jahre alt, habe eine wunderbare Frau und eine fantastische Tochter, und dann sitz ich da und schau mir alte US-Serien an. Da stimmt doch was nicht, denk ich dann so ganz leise – bevor ich das Licht ausmache und schlafen gehe.

Ich weiß nicht, wie es gehen soll und die normale Elternschaft ist auch keine Lösung, aber eine richtig partnerschaftsfreundliche Familienkonstellation haben wir auch noch nicht gefunden.

Urlaub vom Kind?

Es steht da noch ein interessantes Thema im Raum, das habe ich im letzten Eintrag noch vergessen zu erwähnen. Und zwar: Wer „darf“ eigentlich wie oft weg sein und damit auch bei der Kiko-Betreuung ausfallen. Eine ganze Zeit lang hatten wir dazu keine Regelung und kamen auch nicht auf die Idee, uns eine auszudenken. Und dann hab ich mich mal beschwert – ich weiß gar nicht mehr, was der Anlass war. Ich glaube, ein zehntägiger Urlaub von Emma mit ihrer Nichte. Jedenfalls hatte ich das Gefühl, hier ständig zur Verfügung zu stehen, während Emma und auch A-lex oft unterwegs sind. Ich dachte auch, dass das mit ein Grund dafür sein könnte, dass die Bindung der Kleinen zu mir manchmal enger schien als zu Emma und A-lex. Und das wollte ich ja nicht, und sie ja auch nicht.
Also hab ich gemeckert, und dann hat Emma irgendwie die bisherigen Abwesenheiten ausgewertet. Dabei kam heraus, dass sie weitaus am meisten weg oder komplett anderweitig beschäftigt war, dann A-lex, dann erst ich. Yuriko dagegen war natürlich immer da, allein wegen des Stillens.
Emmas Statistik hat nicht dazu geführt, dass wir irgendeine Regel erfunden hätten, aber es war schon gut, das mal auf dem Tisch liegen zu haben. Ein paar Wochen später gab es dann die Situation, dass Emma und A-lex genau in Yurikos anstrengendster Lernphase, in der sie am liebsten komplett entlastet worden wäre, beide zwei Wochenenden lang komplett weg sein mussten. Das zweite Wochenende war gleich vier Tage lang. Das hätte also eigentlich bedeutet, dass ich diese Wochenenden am besten von früh bis spät für Kiko zuständig gewesen wäre. Das ist für mich nach wie vor keine schöne Vorstellung: diesen Widerspruch bekomme ich weiterhin nicht geklärt – wenn Kiko mit Yuriko verreist ist, habe ich einen Kloß im Bauch, weil ich sie vermisse; wenn sie mich anlacht, bin ich glücklich und stolz; wenn ich von früh bis spät für sie verantwortlich bin, geht’s mir trotzdem nicht so gut damit. Außerdem ist da ja noch mein eigenes großes Arbeitsprojekt, mit dem ich weiterkommen will und bei de ich auch ein bisschen Zeitdruck habe – es ist ein Buch, das im Dezember fertig werden soll.

Das hat mich frustriert und ich fand, dass A-lex und Emma eben eine ihrer Veranstaltungen ausfallen lassen sollten. Und dann fiel ein Satz von A-lex, der mich aufgeregt hat; er sagte so was wie „ist doch auch gar nicht klar, dass wir alle gleich viel Zeit für Kiko investieren müssen“. Er meinte also, eher nach Bedürfnissen zu schauen, wer wie viel Kiko-frei „braucht“, um andere Sachen zu machen. Das hat mich deshalb aufgeregt, weil es zum Funktionieren voraussetzen würde, dass andere gerne mehr Zeit mit Kiko verbringen würden, und in unserer Gruppe sehe ich nur, dass alle mit ihren anderen projekten kaum hinterherkommen und gern mal nicht das Kind betreuen (mich regt dieses „Gucken nach Bedürnissen statt klare Regeln zu definieren“ häufig auf, aus genau dem Grund; weil das Gegenteil der Bedürfnisse, die Pflichten, doch von niemandem gern gemacht wird. Das habe ich einfach noch nicht gut gelöst erlebt).
Statt dass wir uns gestritten hätten, haben die beiden sich zusammengesetzt und einen Plan gebastelt, in dem sie die Kiko-Betreuung während der Werktage vor den zwei Wochenenden komplett ohne mich geplant haben und ich dafür dann eben an den Wochenenden zuständig war. Davon war ich ehrlich gerührt. Es hat auch gut geklappt, wir haben das geschafft (und übrigens haben wir inzwischen auch Yurikos Studium abgeschlossen mit vereinten Kräften)!
Allerdings haben wir weiter kein Procedere entwickelt, denn wenn ich jetzt mal ein Wochenende wegfahre, erwwartet weiterhin keine_r von mir, meine ausfallende Kiko-Betreuung im Voraus zu erledigen. Vielleicht wäre es also gut, dachte ich mir, wenn wir jede_r eine gleiche Zahl Kiko-Frei-Tage zu erreichen versuchen? Und dann war da noch diese Aussage von A-lex mit den Bedürfnissen – darüber haben wir auch nicht mehr geredet. Das steht jetzt mal an.

Ein Vorschlag für eine Struktur-Lösung (igitt, Struktur): Wir könnten für jeden Tag, an dem wir das Kind gar nicht betreuen, ein Zeichen in en Kalender malen und darauf achten, dass jede_r gleich viele dieser Zeichen hat.
Evtl. müsste man noch unterscheiden, ob mensch in der Kiko-freien Zeit Urlaub macht oder arbeitet. Allerdings gibt es auch bei letzterem Diskussionsbedarf. Denn ich arbeite wahnsinnig gerne. Ich habe einen Job, bei dem ich gut bezahlt jeweils 10 Tage in Berlin verbringe. Sollte diese Zeit dann NICHT auf mein Kiko-Frei-Konto fließen? Keine Ahnung. Wenn die anderen beruflich im Land unterwegs wären und ich würde dafür zu Hause das Kind betreuen müssen, ohne Stundenausgleich, wäre ich damit nicht zufrieden. Andererseits haben wir eine gemeinsame Kasse. Wir könnten/müssten also gemeinsam entscheiden, ob die jeweilige Arbeit es finanziell wert ist, das Zuhause und (auf Zeit-Kosten der anderen) die Kinderbetreuung für eine Weile hinter sich zu lassen. Wir köönnten unterschiedliche Zeichen machen für Privat-Urlaub und für Arbeits-Abwesenheit und dann weiter gucken.

Neulich habe ich Emma geschockt, als sie mir angeboten hat, nicht spülen zu müssen, sondern dafür währenddessen aufs Kind aufzupassen (weil ich kaum was vom Spülberg verursacht hatte). Da hab ich gesagt, dass es mir egal ist, ob ich mit Kiko rumtobe oder spüle. Das war vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber meine Liebste, Yuriko, hat meine Antwort sofort richtig interpretiert: „Wenn er nur seinen Mittagschlaf im Kopf hat, hält ihn sowohl Kiko als auch das Spülen auf“. Bei viel Leuten ist halt glücklicherweise auch öfters wenigstens eine_r dabei, der/die eine_n versteht :-).