kontakt

hmmm, hmmm, hmmm….wie du, geneig_ter les_erin, ganz eventuell gesehen hast, habe ich ja vor kurzem in einem kommentar zum fütter-thread ein nicht ganz unproblematisches statement losgelassen. nämlich, dass ich ganz heimlich in mir drin es vielleicht auch gut finde, zu stillen, weil ich insgeheim kikos hauptbezugsperson sein will.

das hat mich jetzt selbst seitdem nicht mehr losgelassen. die anderen miteltern haben dazu noch gar nix gesagt, aber ich vermute deshalb, weil ich den satz so gut versteckt hab und sie das einfach noch nicht gesehen haben. ein treffen hatten wir jetzt noch immer nicht, weil a-lex noch immer fast nichts hört und heiko jetzt auch noch krank ist. ich schreib jetzt also auch, damit es nicht mehr so versteckt ist. das ist übrigens öfter mal so, dass ich gern was in den blog schreiben würde, aber denke, nee, das kann es ja nicht sein, dass die anderen das zuerst im internet lesen. aber es kann ja auch nicht sein, dass wir uns so wenig zeit nehmen, um die emotionalen seiten des gemeinsamen beelterns zu teilen!

(auf die gemely to-do-list: jetzt mal wirklich wieder ein treffen anleiern! und überlegen, wie wir a-lex ohne hörvermögen einbinden, anstatt uns alle damit selbst einzuschränken.)

vielleicht fragst du dich jetzt, wie das überhaupt sein kann, dass wir so nah zusammen sind, und trotzdem ein kommunikationsloch entstehen kann. gute frage…mögliche antworten:

1. wir sind alle außer mit kiko auch noch mit anderen sachen beschäftigt. oft ist es so, dass eine bezugsperson allein ist mit kiko und wir nur kurze übergaben machen.
2. ich zumindest scheue mich davor, themen, die eventuell heikel sind, mit jeder person einzeln zu besprechen, sondern würde das lieber in der gruppe tun. (jajaja, i know, das hört sich nach ner super vermeidungsstrategie an.)
3. wir leben innerhalb einer größeren gruppe, in der es auch viele themen gibt. und es ist ja auch schön, einfach nur zusammen abzuhängen.
4. in den letzten wochen waren immer wieder einzelne von uns ein paar tage nicht da oder krank.
5. gewohnheit – es läuft doch auch so schon ganz gut.

aber wie wichtig wirklicher kontakt ist, habe ich gerade eben wieder gemerkt. emma hat es doch nochmal mit eingefrorener muttermilch probiert. vor kurzem habe ich gelesen, dass sich die konsistenz von muttermilch nach etwa acht wochen lebensalter des kindes ändert, und dass manche kinder danach die milch, die vor dieser veränderung eingefroren wurde, nicht mehr annehmen. emma hat also jüngere milch genommen. aber kiko hatte wieder kein interesse. danach hat emma es noch mit milch aus dem kühlschrank probiert, die erst ein paar stunden alt war, und die kiko bisher sonst immer genommen hat. heute dann aber auch nicht.
ich saß ein paar meter entfernt am küchentisch und hab zugeguckt. und dabei gemerkt, dass das mit meinem „ich will aber hauptbezugsperson sein“ totaler quatsch ist. ich werde immer ganz gerührt, wenn ich emma (oder auch andere gemelies) mit kiko zusammen sehe. kiko sieht emma so liebevoll an, und emma sieht kiko liebevoll an. da ist so viel vertrauen zwischen den beiden, und ich glaube, dass das füttern für beide schön wäre.

ich saß also am küchentisch und hab daumen gedrückt und mir sehr gewünscht, dass das flasche geben klappt. und als es dann nicht geklappt hat, da war ich selbst ein bisschen traurig. ich habe kiko dann gestillt, und natürlich ist das schön, aber ich habe total gemerkt, dass ich emma und kiko diese art von vertrautheit auch wünschen würde. und dass es sich lohnt, dafür die ganze action mit abpumpen und so zu machen.

so konkurrenzgedanken entstehen bei mir immer nur dann, wenn ich den inneren kontakt zu den anderen aus oben genannten gründen verliere, und wenn ich nicht oft genug mitbekomme/mitfühlen kann, wie sie mit kiko zusammen sind.

also mal sehen, wie das mit dem füttern hier weitergeht. vielleicht klappt das mit der milch aus dem kühlschrank ja wieder. ich weiß jetzt jedenfalls wieder, warum ich das eigentlich will.

Kleinfamilie spielen

In den letzten Tagen haben Heiko, Kiko und ich zur Abwechslung mal ein bisschen Kleinfamilie gespielt. Emma war am ersten Weihnachtstag zu ihrer Familie aufgebrochen, und A-lex hatte das auch vor, hat sich dann jedoch mit einer dollen Mittelohrentzündung auf selbige gelegt und war für einige Tage im Bauwagen verschwunden. Und Joel war mit Vorbereitungen für eine große Reise beschäftigt – aber sie hat Kiko trotzdem zwischendurch mal bespaßt, insofern stimmt das mit der Kleinfamilie nicht ganz. Und wir leben ja eh in einer Gruppe, und dann gab es noch diversen Besuch, also na jut, wir waren halt gefühlt ne Kleinfamilie, objektiv betrachtet vermutlich aber noch weit davon entfernt.
Aber dennoch hatte ich mal die Gelegenheit zu spüren, wie das wohl wäre, alles mehr oder weniger klassischerweise zu zweit zu regeln.
Zunächst fand ich das, ehrlich gesagt, entspannend. Mehr Bezugspersonen bedeuten auch, die Bedürfnisse mehrerer Personen im Blick zu behalten, mit mehreren Leuten Absprachen zu treffen und sich auf mehr Leute emotional einzustellen. Das strengt mich tatsächlich manchmal ziemlich an.
Außerdem führe ich ja mit Heiko eine Liebesbeziehung, und mir gefiel die Aussicht darauf, mal wieder mehrere Tage stärker aufeinander bezogen zu sein und ein paar Nächte in Folge gemeinsam zu verbringen. Allerletzteres (also das mit den Nächten) war auch wirklich schön. In der vierten Nacht waren wir dann allerdings beide so müde, dass Heiko Kikos Gequake meistens überschlafen hat und ich ganz schön genervt war.
Angestrengt war ich trotzdem immer mal wieder, weil Klein-Kiko natürlich auch Bedürfnisse und Emotionen hat. Sogar sehr unmittelbare, die sich oft nicht aufschieben lassen. Und irgendwie war die Nähe zu Heiko dann auch nicht öfter als sonst, weil viel Orga und Reproduktion war – wer kocht uns was, wer spült, wer kümmert sich um Kikos Bauchweh, undsoweiter. Ganz allein zu zweit, ohne Kiko, hatten wir gar nicht.
Und trotzdem war’s auch schön. Kuscheln zu dritt zum Beispiel. Das mache ich mit den anderen Eltern (bisher) nicht. Mit denen ist es vertraut und freundschaftlich, aber das Kuscheln bringt nochmal eine andere Ebene rein, die, glaube ich, es für A-lex und Emma auch nochmal anders macht, wenn sie allein mit Kiko sind.
Ich habe mich jedenfalls sehr gefreut, als Emma wieder nach Hause gekommen ist. Und freu mich auch jetzt schon drauf, wenn A-lex nicht mehr auf seinen Ohren liegen muss. Und wenn dann die ganzen Feiertage endlich vorbei sind, und wir wieder alle zusammen Gemely-Alltag machen werden – und ist das nicht cool, dass ich unsern Alltag mag?

Wer füttert wann, warum und wie?

diesen beitrag hab ich vor zehn tagen schon verfasst, aber dann kam ich irgendwie tagelang nicht in den blog. naja, naja – perfektionismus ist langweilig, oder?

Das ist eine gar nicht unerhebliche Frage, denn je nachdem, wie sie gelöst wird, verändern sich alle möglichen Rollen und Bezüge innerhalb der Co-Family. Ganz praktisch habe ich das erst vor zwanzig Minuten wieder erfahren: Es ist Freitag Abend, 21:00 Uhr, der kleine Knopf leidet an den üblichen abendlichen Tagesverarbeitungs-/Einschlafschwierigkeiten. Ich hocke in der Küche, freue mich über kindfreie UND diplomierfreie Zeit zum Schreiben und habe gerade den Rechner hoch gefahren, als A-lex mit dem Goldkind die Szenerie betritt: Äh…sie will den Schnuller nicht, sie will nicht rumgetragen werden, vielleicht will sie doch noch nen Nachtisch…??? Nachtisch Nummer zwei, ich jaule nochmal kurz rum, dass ich mich ja sooo auf mal Zeit für mich allein gefreut habe, aber na klar, und tatsächlich findet Kiko es gut, nochmal ein bisschen was zu schnabulieren, und schläft – FAST ein. Das Genuckel macht sie gar nicht so lang, aber hängt halt im Dämmerzustand ganz zufrieden mit Blick auf die Brust auf meinem Arm ab. Und wacht bei der Rückübergabe zu A-lex wieder etwas mehr auf. Jetzt sind die beiden erstmal wieder verschwunden und ich versuche möglichst schnell ein paar Wörter in den PC zu hämmern, bevor eventuell Nachtisch Nummer drei gefordert wird.

Also, wir machen das so: Kiko wird voll gestillt, von mir, da ich die einzige von uns bin, die das körperlich leisten kann zur Zeit. Hin und wieder, wenn ich einen ganz wichtigen Termin habe, oder wenn Heiko und ich mal wieder eine Nacht ohne Kiko zu zweit verbringen wollen, pumpe ich zusätzlich ab was geht, und Krümel wird von einer/m der anderen per Flasche versorgt. Dadurch verbringe ich am regelmäßigsten und am meisten Zeit mit Kiko, und dadurch habe ich es in manchen Situationen leichter als die anderen, sie zu beruhigen. Und es kann sein, dass wir beide dadurch – zumindest zunächst – die stärkste Bindung entwickeln.
Es bedeutet für mich, dass ich hier nur für kurze Zeiträume ohne Kiko wegkomme, während alle anderen schon mal für ein paar Tage wegfahren. Und es bedeutet, dass ich mein Leben ein ganzes Stück mehr um Kiko herum eintakten und zum Beispiel während der Betreuungsschichten der anderen trotzdem abrufbar sein muss. Es bedeutet aber eben auch viel Kuschel-Zeit mit Kiko. Und dass ich Kiko auf eine Reise mitnehmen kann, während die anderen zur Zeit mit Kiko nur dann verreisen könnten, wenn sie mich auch noch in den Koffer packen würden.

Vorher hatten wir uns das ein bisschen anders ausgedacht. Dass Kiko Muttermilch kriegen soll, darin waren wir uns einig: Unabhängigkeit von Firmen wie Nestlé und Co, günstig, und wenn ich der gängigen Propaganda glauben will, dann auch die gesündeste Variante für’s Kind. Und ich wollte (und will) auch gern stillen. Aber der Plan war, zumindest in meinem Kopf, dass ich so oft und so viel abpumpe, dass mindestens die Hälfte der Mahlzeiten auch von den anderen übernommen werden können. Und Emma hat sogar überlegt, ob sie Kiko mit Brustfütterungsset füttern soll. Darüber haben wir unter anderem hier gelesen, und Emma und mich und ich glaube auch Joel hat das ziemlich berührt und fasziniert.

Reality Check 1: Ich finde Abpumpen doof. Mit der Handpumpe geht’s, dauert aber länger. Mit der doppelseitigen Maschinenpumpe habe ich mich gefühlt wie eine Milchkuh. Und wenn ich nicht schon vegan leben würde, hätte ich spätestens nach der Erfahrung Milchprodukte aus meinem Kühlschrank verbannt. Es wäre wirklich ein Opfer für mich, für alle anderen ständig zu pumpen, auch wenn ich weiß, dass es fair wäre.

Reality Check 2: Kiko nimmt keine eingefrorene Muttermilch. Sie saugt an der Flasche, guckt freundlich und lässt alles einfach ungeschluckt wieder rauslaufen. Nichts zu machen. Relativ frische Milch aus dem Kühlschrank, die dann aufgewärmt wird, nimmt sie problemlos – aber es ist gar nicht so leicht, einen Milchvorrat im Kühlschrank zu haben, ohne dass der schlecht wird.

Reality Check 3: Wir kriegen ein winziges Kind, dass in den ersten zwei Wochen gar nicht schafft an der Brust zu saugen, und als sie dann endlich so weit ist, sind wir so froh, dass sie es hinkriegt, dass wir das erstmal nicht schon wieder durcheinander bringen wollen – und dann hat sich schnell ein Alltag etabliert. Und die anderen Eltern scheinen es auch ok zu finden. Wir haben uns darüber aber auch noch nicht so richtig ausgetauscht. Ich hoffe mal, dass es nicht so ist, dass die anderen sich bloß nicht trauen, mir zu sagen, dass ich glucke und die anderen mal mehr ranlassen soll…???

Ich finde die Stillentscheidung gut, bin jedoch manchmal ambivalent bezüglich der Konsequenzen. Manchmal hätte ich gern mehr persönlichen Freiraum. Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen den anderen gegenüber und fühle mich privilegiert, weil ich Kiko füttern kann. Manchmal frage ich mich, ob meine Stillüberzeugung internalisierte Mama-Propaganda ist. Meistens genieße ich die Nähe zu Kiko beim Füttern. Und ich freu mich aber auch schon auf die Zeit, in der wir alle gleichermaßen mit Kiko im Brei matschen können.

So long, Yuriko.

PS: Die Überschrift ist ein bewusstes Tribut an das Wer-lebt-mit-wem-warum-und-wie-Camp, das jeden Sommer auf Burg Lutter statt findet. Sehr empfehlenswert, nicht nur für ein anderes Zusammenleben mit Kindern, sondern auch für andere Wahlverwandtschaften aller Art. Check das mal aus! Wir sehen uns dann da!

legalize it!

vor ein paar wochen war ich gemeinsam mit kikos bio-paps beim jugendamt, um die gemeinsame sorge zu erklären. das war an sich schon eine irritierende veranstaltung. wir saßen in einem winzigen, schmucklosen räumchen in tristen grau- und brauntönen, in dem nur platz für einen schreibtisch, einen aktenschrank an der wand und uns und die sachbearbeiterin war. diese hat uns dann sehr ernsthaft eine lange liste mit pflichten und rechten vorgelesen, die wir am ende unterschrieben haben. es war ein bisschen wie beim standesamt, nur ohne trauzeugen und ohne feierlich. ich finde ja, die sorge für ein kind zu übernehmen ist viel ernsthafter und verbindlicher als zu heiraten, aber das mag an mir und meinen einstellungen liegen. vielleicht hätten wir jede menge gäste dazu einladen und eine riesensause draus machen sollen.
noch irritierender als das setting war dann aber, dass emma und the other father nicht dabei waren. es wäre vermutlich für sie ohnehin eine frustrierende veranstaltung geworden, weil sie das wichtige papier mit den pflichten und rechten ja nicht mit unterschreiben hätten dürfen – obwohl sie das gerne wollen. jetzt ist die situation so, dass nach deutschem recht bio-paps und ich alles, was kiko betrifft, allein entscheiden können. wo sie lebt, welche bildung sie erhalten soll, ob sie geimpft wird und und und. emma und ihr partner dürfen kiko eigentlich nicht mal vom kindergarten abholen. die ganzen ausmaße dessen sind mir noch gar nicht klar. vermutlich braucht es einverständniserklärungen von uns biologischen eltern für alles mögliche, von a wie auslandsreisen bis z wie zahn ziehen lassen. und das, obwohl emma und ihr partner sich genau so viel um kiko kümmern wie wir. ihnen bleibt nichts anderes übrig als darauf zu vertrauen, dass wir nicht eines tages sagen, och nö, wisst ihr, wir machen jetzt doch lieber ohne euch weiter. auf diese weise entsteht zwischen uns ein ungleichgewicht an macht und entscheidungsautonomie, das keine_r von uns will.
die tatsache, dass in deutschland nur zwei personen als sorgeberechtigte für ein kind eingetrgen werden können, geht völlig an der lebensrealität vieler menschen vorbei. dass kiko mehrere bezugspersonen hat, ist an sich ja nichts besonderes – das haben auch viele kinder in diversen patchwork-familien-konstellationen. besonders ist allenfalls, dass wir uns schon vor der geburt mehr oder weniger bewusst dafür entschieden haben und eine familie bilden, in der wir zum teil nicht verpartnert, sondern „nur“ freunde sind. aber auch das machen immer mehr menschen, aus verschiedensten gründen. warum sind diese wahlfamilien oder umeinander-kümmer-banden es weniger wert, rechtlich anerkannt und geschützt zu werden?
in kanada ist es in einzelfällen bereits möglich, drei oder vier bezugspersonen offiziell als eltern anerkennen zu lassen. und vor ein paar tagen war nun in der taz in diesem erfreulichen artikel http://www.taz.de/Darf-ein-Kind-mehr-als-zwei-Eltern-haben/!104293/ von silke burmester zu lesen, dass in den niederlanden die juristische anerkennung von mehr als zwei menschen als eltern überprüft wird. es ist zu hoffen, dass diese überprüfung zu einem ergebnis führt, das die lebensrealitäten vieler menschen abseits der gesellschaftlichen vater-mutter-kind(er) norm anerkennt und dadurch gesellschaftlich aufwertet. und DANN ist zu hoffen, dass deutschland damit nachzieht. und zu überlegen, ob wir da irgendwie nachhelfen können.

(ps: sorry, somehow will blogsport nicht so wie ich will und ich kann nur einen link setzen. aber, um es mal mit karlssons worten zu sagen: das stört keinen großen geist. oder?)

we are gemely! bzw. ich heirate eine familie

zunächst mal: wir sind von einem meiner held_innen-blogs – den fuckermothers – belinkt worden, und darüber habe ich mich sehr gefreut. und jetzt dümpeln wir hier aber so schändlich vor uns hin. aber, geneigte lesende, ich sag’s euch, auch zu viert (beziehungsweise mit noch mehr gruppe UND dorfgemeinschaft drumrum) sind die ersten wochen mit baby zuhause zeitintensiv!

wie läuft’s denn bis jetzt?
im großen und ganzen wundervoll. ich hätte mit viel mehr eingeruckel und irritation unter uns allen gerechnet. es ist schon so, dass wir alle erst nach und nach lernen, wie sich unsere jeweiligen bedürfnisse und die des neuen mini-menschen gut zusammenbringen lassen.
in meinem fall gestaltet sich das aufgrund unserer entscheidung, dass kiko erstmal vor allem gestillt wird, schon noch als recht schwierig. je nach kikos hunger habe ich anderthalb bis maximal vier stunden zeit zwischen zwei mahlzeiten, und da muss ich ungewohnt organisiert sein, um was geschafft zu kriegen. zudem bin ich ganz schön in ihre kleine traumwelt eingetaucht gerade, und könnte meine tage immer noch damit verbringen, ihr verzückt beim schlafen oder beim grimassenschneiden zuzugucken.

aber bisher läuft es meistens einfach und schön. das gemeinsame eltern bringt uns als gruppe einander so nah wie nie zuvor. unser gemütliches gemeinschaftswohnzimmer mutiert abends immer zu einem schlafraum, in dem kiko und ich und eine der anderen personen mit mir übernachtet. kiko schläft dabei bei der/dem anderen im bett, und ich kann zwischen den stillzeiten tief schlafen, ohne auf ihre kleinen muckelgeräusche immer reagieren zu müssen. dadurch sind wir alle tagsüber meistens ziemlich ausgeschlafen – sogar ich – und kiko hat viel kontakt zu allen von uns. und in den zeiten, in denen kiko nachts gestillt wird, ergeben sich immer wieder sehr freundschaftliche, intime gespräche mit einer ganz besonderen atmosphäre.
außerdem ergibt es sich jetzt meistens, dass wir alle gemeinsam essen – früher war das anders. und alles, was es zu besprechen und zu organisieren gibt – wer wann die nächte mit mir macht, wer ein paar dinge aus der gemeinschafts-kinderkleiderkammer besorgt, wer den badeofen einheizt usw. – besprechen wir gerade so nebenbei bei den mahlzeiten, ohne extra-treffen. wir verbringen in den unterschiedlichsten konstellationen viel mehr zeit miteinander und zumindest für mich gibt es ein großes gefühl von wärme, dankbarkeit und vertrauen.
bei einem unserer mittagessen in der letzten woche waren wir uns dann alle ziemlich einig, dass es sich total absurd anfühlt, weiter so allein vor uns hin zu wirtschaften. wir fühlen uns gemeinsam für ein kind verantwortlich und gehen damit eine große, auch finanzielle verbindlichkeit miteinander ein. warum schmeißen wir dann nicht alles in einen topf und sorgen auch für einander? das thema gemeinsame ökonomie stand schon seit anfang des jahres im raum, und jetzt plötzlich scheint es ganz einfach und selbstverständlich zu sein, es zu tun.
ich hatte jedenfalls vor ein paar wochen plötzlich die erkenntnis, dass es sich anfühlt, als hätten wir alle uns gegenseitig geheiratet. und ich muss zugeben, dass mich diese erkenntnis zuerst ganz schön geflasht hat. eigentlich wusste ich ja vorher, dass ich im begriff war, starke bindungen einzugehen. aber was meine entscheidungen wirklich bedeuten, dass erfahre ich dann oft erst, wenn sie lebensrealität geworden sind. zum glück war diese entscheidung bisher anscheinend gut!
dieses enge sich aufeinander und das kind beziehen betrifft bisher vor allem mich, den bio-vater, emma und ihren partner. joel war viel unterwegs bisher und ihre rolle in dem ganzen findet sich langsamer. für mich ist das voll ok so – kiko wird ja noch lange bei uns sein, es hat ja zeit. ich bin mir nur immer wieder unsicher, wie es ihr und auch einer weiteren mitbewohnerin von uns mit uns als großer „kleinfamilie“ geht. zum beispiel mit dem gesquatteten wohnzimmer. ich hoffe, uns geht das gesamtgruppengefühl bei dem allen nicht verloren, denn die beiden sind mir sehr lieb und teuer.

das fazit nach den ersten sieben wochen gemeinsamem eltern ist also: schööööööön. fast immer. zu den punkten, die noch reibungswärme erzeugen könnten, komme ich dann hoffentlich ganz bald in einem anderen eintrag.

ratgeber-überdosis

noch etwa 8 wochen bis zur geburt. und ich höre jetzt endgültig auf, schwangerschafts- und geburtsratgeber zu lesen. ich habe das alles satt, es kommt mir zu den ohren wieder raus. wie ich atmen soll, wie ich essen soll, wie ich denken und meditieren und fühlen soll. welche musik ich hören soll in welcher lautstärke. welche nahrungsergänzungsmittel, welche tees, welche aromaöle, welche yogaübungen, welche geburtsstellungen, welche windeln……ARGH!
es reicht.

ich stelle immer mehr fest, dass es mir eigentlich egal ist, welche windeln das kind tragen soll, oder ob keine. es ist mir – obwohl ich mich selbst vegan ernähre – nicht so wichtig, ob dieses kind tiere, zucker oder rohkost essen wird.

was ich diesem kind geben will, das bin ich, als person, mit allem drum und dran. mit meiner liebesfähigkeit und wärme, mit meinen zweifeln und meinem chaos und meiner kreativität und meiner wut. mit meiner geschichte und meinem weg damit.

unperfektion. das will ich diesem kleinen menschen mitgeben. liebe ohne immer alles richtig machen zu müssen. zu fehlern stehen und später drüber lachen. nicht immer alles so scheiße ernst nehmen. nicht die perfekte kindheit, sondern lebendigkeit. lust, sachen auszuprobieren, und vielleicht zu scheitern, und es nochmal anders zu versuchen.
es ist alles bereit. ich bin bereit.

dieser ganze geburtsvorbereitungskram – so nützlich er ja AUCH ist! – birgt die gefahr, aus der schwangerschaft und geburt eine leistungsshow zu machen. die perfekte schwangerschaft führt zum perfekten kind mit einer perfekten kindheit, die in ein perfektes leben mündet.
und falls nicht, ist auch schon klar, wer schuld ist: nämlich ich.

dieses kleine wesen kommt als kind weißer, gebildeter eltern, von denen alle einen uniabschluss haben, auf die welt. wir wohnen mitten in europa, sind krankenversichert und haben genug geld, uns gesund zu ernähren. und alle diese ratgeber richten sich auch genau an uns. (naja, fast: überall photos von weißen, glücklichen babies, meistens mit ihren mamas, und manchmal ist auch der papa mit dabei. andere bezugspersonen nicht.) ich lerne beim lesen, was ich schon jetzt dafür tun kann, dem kind diese privilegien auch zu erhalten. es gesünder, klüger, entwickelter als andere auf die welt kommen zu lassen.

klar, ich brauchte die literatur und habe sie in den ersten monaten auch verschlungen. denn obwohl schon einige meiner freund_innen eltern geworden sind, wusste ich vorher kaum etwas über schwangerschaft und geburt. ich brauchte informationen, um mich und meinen körper besser zu verstehen, um mir ängste zu nehmen und mich dazu zu befähigen, selbstbestimmte entscheidungen zu treffen. diese freiheit sollte allen schwangeren auf der welt zur verfügung stehen. jede_r sollte die möglichkeit haben, sich frei für eine bestimmte art zu gebären zu entscheiden. und jedes kind sollte gut ernährt, umsorgt und mit allen chancen auf bildung und entwicklung aufwachsen.

aber nach der ersten zeit des empowerment durch all das wissen merkte ich, wie ich zunehmend verunsicherter wurde. es gäbe ja so unendlich viel zu beachten und zu tun, beziehungsweise auf keinen fall zu tun. viele dieser ratgeber empfehlen nicht, sondern missionieren. und manche befehlen gar, wie dieses schöne beispiel aus einem HypnoBirthing®-manual:

„Gesunde Ernährung für glückliche und gesunde Babys
Gesunde, gut ernährte Mütter gebären gesunde Babys. Gesunde Babys sind stark und besser in der Lage, ihre Rolle bei einer einfacheren Geburt zu spielen. Der Körper ist während der Schwangerschaft wie ein wertvolles Instrument, das, um mit Leichtigkeit gut zu funktionieren, beste Pflege braucht. Dies sind nicht nur gut gemeinte Vorschläge, sondern ein absolutes MUSS.

a) Beseitige ALLE unnötigen Fette, Schnellimbisse, Fastfood und frittierte Nahrung, vor allem Pommes frites.
(es folgen ein paar gängigere Ernährungstipps für schwangere)
….
f) Lasse alles „Weiße“ weg: raffinierten Zucker, weiße Mehlprodukte, weißen Reis, weiße Kartoffeln, weiße Backwaren.
….
l) Andere Flüssigkeiten außer Wasser: Frucht- und Gemüsesäfte sind gut, aber sie ersetzen Wasser nicht! Vermeide kohlensäurehaltige Getränke und trinke NIE Diätgetränke (light), Koffein und Alkohol.“

aber sei trotzdem immer schön entspannt und genieße dein leben. schlechte gefühle spürt das baby nämlich auch.

dem ganzen noch eins drauf setzen dann veröffentlichungen, in denen natürliche und sanfte geburten als DIE methode zur verbesserung der menschheit angepriesen werden, wie beispielsweise in diesem trailer zum film „birth as we know it“: wenn alle menschen auf sanfte natürliche weise geboren würden, gäbe es viel weniger gewalt in dieser welt. kinder, die auf natürliche, entspannte weise geboren werden, können in ihrem weiteren leben eigentlich nur noch zum weltfrieden beitragen.
ich bin also nicht nur verantwortlich für mein leben und das des kindes in mir, sondern auch noch für den frieden der kommenden generationen. angesichts dessen nicht auf pommes verzichten zu können, ist natürlich selfish, verstehe ich vollkommen.

und noch etwas transportieren solcherart ratgeber: ich muss nicht nur irgendwie – möglichst ohne körperliche/psychische schäden für mich und das baby – selbiges auf die welt bringen. nein, wenn ich dabei nicht entspannt bin, ängste habe, falsch atme, medikamente nehme oder gar einen kaiserschnitt benötige, oder, oder, oder, dann habe ich es FALSCH gemacht.

ok, sarkasmus aus: natürlich wünsche ich mir für das kind, mich und alle beteiligten eine sichere, behagliche, für uns alle stimmige geburtsatmosphäre. in unserem fall bedeutet das, eine hausgeburt zu planen – mit kerzen, musik, lieben und vertrauten menschen um uns herum. und es ist gut, dafür alles mögliche zu tun. und natürlich ist es dafür gut, wissen zu haben, und es ist auch gut, dass wir hier überhaupt alle diese möglichkeiten, selbstbestimmt zu gebären, haben.
und vor allem ist es gut, viel über die körperlichen vorgänge bei der geburt zu wissen – weil mir das hilft, mich selbstbestimmt zu fühlen. aber dann gibt es da einfach auch noch die komponente von unplanbarkeit und unkontrollierbarkeit, und wahrscheinlich wird die geburt trotz allem ein mega-abenteuer. es lebe die kunst der improvisation!

und ich glaube NICHT, dass es gut ist, meine ernährung so umzustellen, dass ich keinerlei pommes, zucker und cola mehr zu mir nehme, und keine nudeln. und nach der geburt dann natürlich auch nicht, wenn ich stille. und danach das alles nur noch heimlich zu essen, damit das kind damit nicht in berührung kommt.
ich glaube auch nicht, dass es gut ist, mich in ein tägliches yoga-workout zu pressen, wenn mich das stresst.
und ich glaube ganz sicher nicht, dass ein permanentes schlechtes gewissen, dieses und jenes nicht gemacht und zu mir genommen oder doch genossen zu haben, dem kind, mir und dem weltfrieden irgendwie dienlich ist.

that’s me, yuriko

da hier ja verschiedene personen mit verschiedenen perspektiven auf das alles schreiben, stelle ich mich mal kurz vor. ich nenne mich hier yuriko und bin die biologische mutter, also die person, die the little one gebären wird.
ich stamme aus einer oberflächlich betrachtet behüteten welt einer mittelklassefamilie, mit reit- und klavierunterricht und so. meine familie war jedoch mitglied eines pseudoreligiösen kultes, und ich war von anfang an sexualisierter und psychischer gewalt ausgesetzt, bis ich mit anfang zwanzig abtauchte, meinen namen änderte und fast alle kontakte zu früher abbrach. mit den klassischen folgen: traumastörung, depressionen, selbstverletzung. eine zeit lang hatte ich nicht mal eine eigene wohnung.
ich hatte trotzdem noch lange das klassische bild im kopf von mann und familie. bis ein partner mir sagte, dass er mich schlicht für zu psycho halte, um mit mir kinder zu zeugen. danach dachte ich das auch lange – dann bekam ich immer mehr boden unter die füße, habe gelernt, gut für mich sorgen. habe mich auch in frauen verliebt, ganz neue kontexte kennen gelernt. und gemerkt, dass ich in das klassische modell von mama-papa-kinder wie in meiner ursprungsfamilie nie mehr zurück will, und da vermutlich auch nie besonders glücklich mit geworden wäre.
jetzt lebe ich mit einem männlichen partner in einer gemeinschaft, die für mich immer mehr zu meiner wahl-familie wird. und habe mir wieder zugestanden, kinder in meinem leben haben zu wollen. wir haben dieses kind dann allerdings zunächst gewollt und geplant, bevor klar war, ob es andere geben würde, die nahe bezugspersonen oder gar auch eltern sein wollen – das war nicht besonders reflektiert und ich bin froh jetzt, dass es diese tollen leute gibt.
ich habe noch immer hin und wieder beschissene zeiten, in denen ich für andere dann emotional schwer greifbar bin, nur körperlich anwesend. das wird sich durch das kind vermutlich nicht auf magische weise ändern. mit den anderen bezugspersonen hoffe ich, dem kind ein netz von personen zu geben, in dem es sich dann geborgen fühlen kann. und ich freu mich aber auch einfach, so was schönes wie das begleiten eines heranwachsenden menschen mit anderen teilen zu können.
ansonsten versuche ich gerade, meinen uni-abschluss fertig zu machen. ich lese und schreibe, mag zines, mache kunst und klamotten, und mag es, gruppenprozesse zu erfahren und zu begleiten. ich rede mit bäumen, meditiere und mache yoga. und vermisse in der verlassenen gegend, in die es mich verschlagen hat, aikido, theater und ein stammcafe um die ecke.