Vaterfantasien?

Ich werde in unserem inzwischen sehr routinierten Gemeinsam-Eltern-Alltag langsam sehr aufgeregt, denn in zwei Wochen fahre ich alleine mit Kiko weg und zwar für eine ganze Woche! In die Berge zu meinem Bruder, der inzwischen Vater eines halbjährigens Zwergs ist. So lange war noch kein Elternteil allein mit Kiko unterwegs und außerdem wird danach nicht mehr gestillt – wir werden unzertrennlich sein, Kiko und ich. Machen sich da Vaterrollenfantasien in mir breit? Und wenn schon. Es sind nur Fantasien, das merke ich doch, wenn ich glücklich alleine meine Arbeit tun oder lesen oder mich mit Yuriko treffen kann… Hmmm. Ich bin so froh, dass Kiko vier Eltern hat. Und auf meine Reise bin ich ja nicht nur jetzt schon stolz, sondern eben auch aufgeregt. Den ganzen Tag verantwortlich, kein Flüchten in die Welt meines Schreibtisches, ein Kind, das vielleicht auch mal traurig nach den anderen fragt… Hoffentlich geht das gut.

Neulich, als Yuriko einen weit entfernten Termin hatte, hat sie mit mir einen Reiseplan samt Kiko geschmiedet, der uns vier Tage von A-lex und Emma getrennt hat. Allerdings hatten wir das gar nicht groß mit den beiden abgesprochen; irgendwie waren wir davon ausgegangen, dass es immer gut ist, wenn wir Kiko mitnehmen. Außerdem waren die beiden gerade nicht da, als wir die Tickets gebucht haben. Und da haben dann beide später so reagiert, dass wir das in Zukunft gemeinsam beschließen müssten, Kiko hätte schließlich gern auch bei ihnen bleiben können. Es war nicht so, dass ich die beiden als sauer empfunden habe, es war eher so eine Irritation, die mich gefreut hat. Im Alltag ist es ja doch eher so, dass eine_r oder zwei von uns wegfahren und die anderen dann stöhnen, weil sie weniger Zeit für ihren eigenen Krams haben durch die längeren Zeiten der Kinderbetreuung. Und bei diesem Mal ist die Situation quasi gekippt – statt unsere freien Zeiten zu verteidigen wurde mal die Zeit mit Kiko verteidigt. Ich finde das toll.

Meine Kiko-Reise ist aber seit Langem angekündigt und wird von den anderen begrüßt, weil sie in der Woche entweder selbst weg sind oder viel zu tun haben.

Konflikte zwischen Eltern gibt es übrigens auch, zuletzt ein paar Mal aus einer Unsicherheit heraus, wie mit Kikos gelegentlicher Präferenz der Biomutter umgegangen werden soll. Zum Beispiel ist Yuriko mal frühmorgens für drei Tage weggefahren und hat versäumt, das Kiko am vorherigen Tag zu erklären. Kiko kann zwar selbst noch nicht reden, scheint aber zu schätzen, wenn ihr Sachverhalte wie Wegfahren oder Verreisen vorher erklärt werden. Es macht Sinn, sich von ihr zu verabschieden!
Weder Yuriko noch Emma, die die Nacht mit Kiko verbrachte, noch sonst jemand hatte sich überlegt, wie dann der Morgen verlaufen würde, und tatsächlich war Yuriko vor ihrer Abreise zwar früh im Haus, musste aber dann doch weg, bevor das Kind aufgewacht ist. Als ich ihr später gesagt habe, dass ich es besser gefunden hätte, die Kleine aufzuwecken und dann vielleicht beim Stillen wieder einschlafen zu lassen, wurde Yuriko ganz wütend auf mich, weil sie selbst diesen Impuls gehabt, ihn letztlich aber unterdrückt hatte. Unter anderem wohl, um Emma nicht zu brüskieren, die schließlich in dem Moment die Verantwortung für Kiko hatte und oben bei ihr schlief.

So was ist schade; dass wir nicht zu jedem Zeitpunkt blitzschnell einen Konsens zwischen den verschiedenen Impulsen der Kinderbehandlung finden können (natürlich besonders schwer, wenn Emma noch schläft…) und dass wir manchmal aus Sorge, eine_n der anderen Eltern zu brüskieren, solche Impulse unterdrücken. Ich würde ja vorschlagen, dass wir eher die Brüskierung riskieren als einen Elternimpuls zu unterdrücken, aber vor Ort ist das ja meistens nicht so klar. Außerdem können sich die Elternimpulse ja widersprechen. Gestern saß ich noch spät am Esstisch und blätterte mit Kiko durch ein buntes Magazin, obwohl es Emmas Nacht war – sie tigerte unzufrieden herum und es war schon eine direkte Ansprache nötig, um Bescheid zu bekommen, dass sie die Situation eher komisch findet und nicht recht weiß, was sie jetzt tun soll – ihre Zeit war für Kiko reserviert und jetzt saß ich mit ihr auf dem Schoß da und Kiko war zufrieden. Wenn Emma mich gefragt hätte, ob ich die nächste halbe Stunde verbindlich mit Kiko verbringen würde, hätte ich aber auch nicht gern „ja“ gesagt, ich habe genossen, jederzeit das Heft zuklappen und mich von Kiko verabscheiden zu können. Wie will mensch so was lösen?

Elternwechsel

Wenn es auch bei mir ab und zu was zu klagen gibt – das Vatersein in der Gemely gibt keinen Anlass dazu. Aktuell bin ich wieder mal davon fasziniert, wie problemlos Kiko den ständigen Elternwechsel wegsteckt. Gerade wurde sie noch von Yuriko gestillt, nachdem sie die letzten zwei Stunden mit ihr durch den Regen gestreift ist… Dann kommen die beiden zum Abendessen zu uns an den Tisch… Dann geht Yuriko irgendwann und Kiko rutscht auf meinen Sch0ß und futtert weiter Nudeln und Yuriko verlässt den Raum… Dann klettert sie auf ihren Hochstuhl und futtert von dort aus weiter und beobachtet interessiert A-lex, der einen potenziellen Ameisenweg ins Haus mit Lavendelwasser besprüht… danach setzt der sich an ihre Seite und schäkert mit ihr und ich verabschiede mich, weil ich los muss… (Emma war heute nicht beim Abendessen dabei). Und dabei ist die ganze Zeit ein richtig guter Kontakt zwischen mir und ihr, wenn wir zusammen sind, und das erleben die anderen auch so. Manchmal denke ich: das kann doch gar nicht sein. Wenn ich mir das vorstelle – es ist zwar immer ein „Arm!“ da, wenn ich die Sicherheit am Körper einer erwachsenen Bezugsperson brauche… Aber jedesmal ein anderer. In Kikos Welt scheint das (meistens) gut zu gehen…

aufeinander aufpassen

[Soundtrack: Früchte des Zorns – Passt aufeinander auf]

Jetzt sind Zeiten für mich angebrochen, in denen ich mehr denn je froh darüber bin, dass es die anderen Eltern gibt. Ich selbst habe anscheinend in den letzten Monaten nicht gut genug auf mich aufgepasst: Neuer Job, vielleicht zu viele Projekte, ein paar traurige Sachen, die um mich herum passiert sind. Die haben Teile meiner eigenen Geschichte berührt, aber ich wollte sie nicht an mich heranlassen, nicht wahrhaben, dass sowas mich immer noch umwirft und traurig macht. Es hätte Momente zum Durchatmen und Hinspüren gebraucht, die ich mir aber nicht zugestanden habe. Unter anderem, weil ja jetzt Kiko da ist, und weil ich für sie stark sein will.

Aber ich bin nicht stark gerade. Ich habe eine Geschichte mit sexualisierter Gewalt, und obwohl ich davon schon viel integriert habe, holen Teile davon mich wieder ein. Bilder und Körperempfindungen überrollen mich, manchmal so heftig, dass ich kaum noch realisiere, dass ich jetzt erwachsen und sicher bin, und es fällt mir oft schwer gerade, richtig anwesend zu sein. Mit Kiko zu sein holt mich oft ins Hier und Jetzt, aber es kostet mich auch sehr viel Energie, für sie da zu sein, wenn am Rande meines Bewusstseins gleichzeitig ein schwarzes Loch zieht und lähmt.

Es tut gut zu wissen, dass da ein Backup ist, dass ich Bescheid sagen kann, wenn ich nicht mehr kann. Es ist so unglaublich erleichternd zu sehen, wie glücklich Kiko mit den anderen ist, wie viel Liebe noch da ist, wenn ich gerade wenig zu geben habe. Es gibt mir den Raum, mich um mich zu kümmern und endlich das zu tun, was dran ist: Durchatmen, Hinspüren, Akzeptieren, Trauern.

Und die anderen Eltern passen nicht nur auf Kiko gut auf, sondern ein bisschen auch auf mich gerade. Sind Ohren zum Zuhören und Schultern um Anlehnen. Mit Emma, Kiko und einer weiteren Mitbewohnerin abends noch am Tisch Monster aus Papier zu falten und zu bemalen und damit herumzualbern, das war mein Tageslichtblick heute.
In solchen Momenten wird es spürbar für mich: Das ist meine Familie. Und das ist so groß, darüber könnte ich jetzt grad auch schon wieder heulen.

long time no write – jetzt ist das Kind schon groß!

Mir wurde zugetragen, dass wir gefälligst mal wieder was schreiben sollen. Ja klar ihr habt ja recht. Gibt einfach immer viel anderes am Bildschirm zu tun… und lesen will mensch ja auch noch manchmal… oder Film gucken.

Jetzt schreib ich was aber es ist mitten in der Nacht, wird vielleicht unzusammenhängend.

Jedenfalls Allerdings Immerhin: Alles bestens bei der Gemely. Längst verbringt jede_r von uns ganz selbstverständlich so mehr oder weniger jede vierte Nacht mit Kiko; abends leert sich nach und nach die Wohnküche und dann ist der jeweilige Elternteil allein mit Kiko, es gibt ja immer was Spannendes zu tun (Buch anschauen, Ball werfen, irgendwas untersuchen, essen…) und so schafft sie auch gut die Abschiede von der Biomutter (von mir, dem Biovater, geht der Abschied eher leichter), auch wenn es dabei manchmal kurz Geschrei gibt.

Dass A-lex und Emma auch schon allein mit Kiko unterwegs waren haben sie geschrieben, das war wohl die größte Sensation unserer letzten Wochen. Im Juli werde ich allein mit ihr unterwegs sein, mit wohl so 7-9 Tagen werde ich damit sogar Yuriko toppen mit der Anzahl an Tagen, die ich allein mit Kiko verbringe. Bin gespannt! Und aufgeregt, aber es ist ja noch lange hin.
Komisch übrigens, dass trotz dieser Unabhängigkeit, die jetzt offensichtlich möglich ist, die „Mi“ (Muttermilch) immer noch so wichtig ist, wenn Yuriko dann irgendwann auf der Matte steht… Wenn sie nicht da ist, kommt Kiki tagelang ohne Mi aus.

Wenn ich die Kleine ins Bett bringe, schlafe ich immer mit ein (ich bin früher schon immer so müde geworden, wenn ich dabei war, als Yuriko sie in den Schlaf gestillt habe), und manchmal stehe ich dann gegen Mitternacht nochmal auf (so wie heute). Das finde ich ein bisschen doof – mitten in der Nacht noch wach zu sein ist irgendwie nicht so gut wie abends noch zu lesen oder zu schreiben oder einen Film zu gucken. Aber Kikos Einschlafen zieht sich länger hin als in den ersten Nächten – da hab ich sie mir auf den Bauch gelegt und meist ist sie dann auch bald eingeschlafen… manchmal noch kurz zum Nachtlicht gewandert, dann aber zurück an meine Brust gekrochen.
Jetzt geh ich mit ihr zur Schlafenszeit ab 20:30 Uhr (oft viel später) ins Zimmer, sie schaltet die Dimmer-Nachtischlampe nach Belieben ein und aus, ich lege mich hin und verbreite Müdigkeit, sie wird ruhiger (manchmal noch Buch anschauen dabei) und dann schlafen wir beide ein – ich habe den Verdacht, dass ich sogar noch vor ihr weggedämmert bin. Es gibt keine Zeugen davon…
Nach meinem Aufwachen gegen Mitternacht, nach dem ich entweder aufstehe oder weiterschlafe, schiebt sie sich durchs ganze Bett und ich kann froh sein, wenn ich selbst eine Ecke zum Schlafen finde. Vor Mitternacht bewegt sie sich verrückterweise nicht von der Stelle; ich wache zwei-drei Stunden nach dem Einschlafen oft genauso auf, wie wir uns hingelegt haben, ihr Kopf auf meiner Schulter oder so.

Ansonsten: Ende April 2014, mein Kontakt zu Kiko, zu Yuriko und zu den anderen ist gut. Kiko ist schon sehr sehr fit – auf dem Trampolin (dort hat sie damals die ersten Gehversuche gemacht, ausgerechnet dort, wo es so schwingt!) kann sie jetzt hüpfen und das sieht einfach zum Schreien aus. Heute ist sie auch auf dem Holzfußboden gehüpft wie ein Frosch. Sie kann jetzt Wasser nicht nur trinken, sondern auch wieder ausspucken (hat sie beim/fürs Zähneputzen gelernt), sie freut sich nach wie vor sehr über Katzen, sie sagt jetzt schon mehrere Worte: „macht Emma“ könnte „was macht Emma?“ bedeuten. Irgendwie verstehen wir sie sehr gut. Oft sagt sie nein und manchmal ist sie dabei nicht 100-%ig ehrlich („hast du was in der Windel?“), oft aber schon („willst du runter vom Arm?“, „bist du müde“). Vieles hat sie nach mir benannt, auch die anderen Eltern dürfen sich öfters mal mit meinem Namen schmücken. Wir tragen sie immer noch viel herum, manchmal will sie sich gar nicht absetzen lassen.

Ich glaube weiterhin (ich schreib das mal weil wir so wenig bloggen, es gilt, bis ich was anderes schreibe, ok?), dass das schon sehr erfolgreich und bemerkenswert ist, was wir hier machen, und dass es Kiko sehr gut bekommt, auch wenn es offene Fragen gibt:
Könnte der 2-stündige Schichtwechse ein Problem für sie sein, kriegt sie zu früh mit, dass ein (Erwachsenen)Leben (in unserer Kultur) von der Zeit diktiert wird?
Sind wir viel zu begeistert von ihr (noch begeisterter als Elternteile, die allein oder zu zweit klarkommen müssen, weil wir entspannter sind und weniger gestresst), als dass wir ihr echte Grenzen setzen können?

###wenn dieser Satz hier als Letztes steht, dann ist Kiko aufgewacht und ich musste fix zu ihr und konnte gerade noch diesen Beitrag posten…

Yeah! WLMW is back!

yuriko als eine der mitorganisator_innen proudly presents:

Wer lebt mit wem? Warum? Und wie? -das selbstorganisierte Sommercamp für Kinder, Jugendliche, deren Hauptbezugspersonen, Eltern, Co-Eltern, (Wahl-)Verwandte, Mitbewohner_innen, Freund_innen, Menschen mit und ohne Verantwortung für Kinder und für alle anderen Interessierten!

Vom 15.-20. August 2014 möchten wir in den Gastwerken in Escherode (bei Kassel) mit euch gemeinsam das gute Leben ausprobieren und einen Ort für Austausch, Veränderung und gegenseitige Unterstützung aus einer queer_feministischen, rassismuskritischen und Anti-Diskriminierungsperspektive schaffen.

Für jeden Tag gibt es ein bestimmtes Oberthema, zu dem es je ein oder zwei vorbereitete Workshops geben wird und viel Platz für die Themen, die wir alle dazu mitbringen. Selbstverständlich können auch an jedem Tag Workshops, Austauschrunden oder ähnliches zu ganz anderen Themen eingebracht werden.

15.8., Ankommenstag: Thema Selbstorganisation – ganz praktisch erfahrbar in der Mitgestaltung der Camp-Strukturen

16.8., 1.Tag: Adultismus – Machtverhältnisse zwischen Erwachsenen und Kindern – Gleichwertig, gleichwürdig, gleichberechtigt?

17.8., 2. Tag: We are family – Familienformen und Familiennormen (Gender und Klasse, Heteronormativität, Erfahrungsaustausch zu Alternativen…)

18.8., 3. Tag: Rassismus (Reflexion über meine eigene Position innerhalb der gesellschaftlichen rassistischen Strukturen, wie rede ich mit Kindern drüber…)

19.8., 4.Tag: Ideas for Change – Vernetzung und Projekte schmieden

20.8., Abreisetag: Empowerment – Uns gegenseitig unterstützen und mit Elan weitermachen – wie kann ich Kraft und Mut für Veränderungen mit nach Hause nehmen?

Einige von uns, die das hier lesen, leben seit Jahren Antworten auf manche dieser Fragen, für andere von uns ist einiges hier vielleicht ziemlich neu. Wir wollen es hinkriegen, dass sowohl vertiefte voraussetzungsvolle Diskussionen geführt werden können, als auch genug Raum für viele, viele Fragen ist.

Alles für alle! Das Camp versucht ein Ort für alle Menschen zu sein: Mit Workshops und Partizipationsangeboten für verschiedene Altersgruppen, günstigem Essen für alle, 24h nutzbarer Küche für besondere Bedürfnisse, einer klaren Tagesstruktur, solidarischen Modellen für Campbeitrag und Reisekosten, Awareness-Gruppe und FLTI*-Zeltbereich. Wir arbeiten an Lösungen für Rollifahrer_innen, für Übersetzungen und für weitere Bedürfnisse. Kontaktiert uns gern, dann können wir gemeinsam überlegen, was es braucht und was wir möglich machen können.

Weitere Infos und Updates findet ihr hier: www.wer-lebt-mit-wem.de

Das Camp lebt von Themen, Ideen, Workshopangeboten, Diskussionsbeiträgen, Fragen usw. Wir freuen uns schon auf das alles – und auf euch!

Bis bald, die Orga-Crew.

Erster Ausflug ohne Biomutter

Endlich war es soweit, Alex, Kiko und ich fahren alleine nach Berlin, ohne Biomuitter ohne Brust und Muttermilch. Von Donnerstag bis Sonntag waren wir unterwegs.
Wir ware alle mächtig aufgeregt, wir Co-Eltern, wie das wohl wird , wenn zum Abendessen wie immer Yuriko erwartet wird. Yuriko, weil sie nach 1,5 Jahren das erste mal ohne Kiko unterwegs war…
Und so war es, beim Abendessen bei den Großeltern suchte sie nach Yuriko. Wir haben ihr mehrmals alle Zimmer im Haus gezeigt, sie hat ein paar verzweifelte Tränen vergossen und irgendwann akzeptiert, dass es wohl so ist. Ab da war dann alles prima und so wie immer. WOW! Alex und ich hatten unsere ersten Kleinfamilienerfahrungen. Ganz überbeschäftigt mit dem Kind, da es ja noch so neu war. Und ganz selbstverständlich waren wir in der Öffentlichkeit ihre Eltern. Wer würde das in Frage stellen.
Auf dem Heimweg treffen wir dann Yuriko und da musste natürlich sofort die brust her vor allem anderen.
Die Tage danach ist sie nun etwas sehr klebrig an Biomutter und Biovater. Wahrscheinlich muss das erst mal verarbeitet werden.
Und wir haben uns ein neues Stück freiheit erobert, mit Kiko ohne Biomutter losziehen.

Abstillen

Eigentlich sollte ich vorgestern damit anfangen. Nun ist Kiko aber krank und der Kelch ist an mir vorübergegangen. Neulich haben wir alle vier Erwachsenen einen Spaziergang gemacht, Kiko im Manduka schlafen lassen und uns darüber ausgetauscht. Yuriko genießt zwar das Stillen auch, aber fühlt sich zunehmend ausgezehrt und freut sich auf Durchschlafen im eigenen Bett. Dennoch bedeutet das Abstille auch Loslassen und braucht ein bisschen Zeit. Für uns andere hat das Stillen zwar gewisse Bequemlichkeiten, aber wir begrüßen auch die neuen Möglichkeiten, Ausflüge mit Kiko ohne Yuriko, nur alle 4 Nächte dran sein, 100% für sie sorgen können. Wir wollen das Abstillen jetzt angehen. Nach langem Hinundherüberlegen haben wir uns entschieden, mit den Nächten anzufangen und diese dann je eine_r von uns 3 anderen alleine ohne Yuriko zu machen. Nun fürchten wir uns alle schon ein bisschen davor, obwohl wir wirklich gar nicht wissen, wie es wird. Aber wir wissen auch, das das schon alle Eltern irgendwann geschafft haben!!!
2 tage später …..es kam alles ganz anders. Nun ist Yuriko so krank geworden, dass sie nicht mehr stillen konnte und Alex musste spontan in seiner Schicht die Nacht übernehmen. Sie ist nur einmal aufgewacht, hat verzweifelt nach Yuriko gesucht und nachdem klar war, sie ist nicht da, die Flasche genommen und wieder geschlafen….bis Alexs Wecker um 7 klingelte (na das lernen wir auch noch, den vorher auszumachen). heute bin ich dran, yuchee, wenn das so einfach ist!

Auch mal was Kontoverses zwischen uns – Zahnpflege

Beim Thema Zahnpflege bahnt sich ein Konflikt an, naja vielleicht auch nicht.
Yuriko und ich haben vor einem halben Jahr, seit Kiko erste Zähne hat, angefangen ihr mit unserer Methode (Swak und Miswak-Zahnhölzchen) die Zähne zu putzen. Es war das, was wir selbst für uns gerade herausgefunden hatten, es war das, was wir da hatten. Aber wir haben es auch nicht mit den anderen diskutiert. Heiko hat nun ein halbes Jahr später plötzlich eine Zahnpasta und Zahnbürste angeschleppt. Auch ohne das zu diskutieren. Alex wiederum hat festgestellt, dass er persönlich ohne Putzen am besten klarkommt. Nun putzt Kiko sich mit beiden Bürsten die Zähne, an einem Abend alle 3 Tage dann auch noch mit Zahnpasta drauf. Ich bin überhaupt nicht begeistert. V.a. weil es keine Auseinandersetzung dazu gab, muss mir aber auch vorwerfen lassen, dass ich einfach Tatsachen geschaffen habe am Anfang. Yuriko hat gar nicht so ein Problem damit, dass Kiko mal so mal so die Zähne putzt. Ich vermute, dass es besser ist, da eine klare Aussage zu machen, woher soll sie später wissen, was gut für sie ist.
Manchmal denke ich, dass es leichter ist, mit weniger Bezugspersonen klären zu müssen, wie was gemacht wird. Ich kann so z.B. meine Vorstellung von einem gesunden Aufwachsen von Kiko einfach nicht konsequent verfolgen und die anderen auch nicht. Aber wahrscheinlich streiten sich nur 2 Elternteile auch schon mal über sowas wie Zahnpflege oder Ernährung.
Ganz grundsätzlich fände ich es gut, wenn wir das mit dem Zähneputzen thematisieren würden und werde es beim nächsten gemely-treffen ansprechen.

Weihnachten und Großeltern

Kiko hat ja mit vier Eltern eine große Schar von Verwandten, streng genommen 4 Großmütter und 4 Großväter, etliche Tanten, Onkels, Cousinen und Cousins. In unserem Fall kommen nicht alle Großeltern als Opas/Omis etc. in Frage, aber zumindest einige. Z.B. meine Eltern. Hätte ich selbst ein Kind zur Welt gebracht, wären sie bestimmt gleich darauf vorbeigekommen, zumindest meine Mutter. Bei einem Co-Kind ist das anders. Ich versuche ihnen zwar klar zu machen, dass ich dieses Kind wie mein eigenes betrachte und auch kein anderes Enkelkind produzieren werde. Dennoch fällt es ihnen schwer, Kiko als ihr Enkelkind zu sehen. Ich bin enttäuscht, ja leider. Alexs Vater samt Frau, auch seine Mutter nehmen das lockerer, sie haben viele Enkelkinder und freuen sich scherzhaft darüber, jetzt Viertelopa und -oma zu sein. An Weihnachten (Kiko ist 15 Monate alt) kam es dann endlich zu einer ersten Begegnung mit Kiko, mir als Mama und meinen Eltern. Wir hatten einen schönen Nachmittag vor dem Weihnachtsbaum, Kiko war die ganze Zeit gut drauf, meine Eltern begeistert von ihr. Ob sie sich jetzt doch ein bisschen wie Kikos Großeltern fühlen, ich weiß es noch nicht, ich muss sie erst fragen. Wahrscheinlich zögere ich das extra hinaus, ich vergesse immer zu fragen, will nicht enttäuscht werden.
Mit all unseren Geschwistern und ihren Kindern ist es übrigens total nett, die Viertel-onkels und Vierteltanten haben ihr Nichte voll aufgenommen. Das ist schön!

Co-Muttersein nach 16 Monaten

Gerade lege ich das Buch von Jochen König weg „Fritzi und ich“, wo er darüber schreibt, wie es ist, als Vater alleinerziehend zu sein und welchen Rollenklischees mensch überall begegnet. Echt tolles Buch! Am Ende schreibt er, dass es für eine Person eigentlich eine viel zu große Aufgabe sei, ein Kind großzuziehen, sogar für 2 Personen, die dann auch noch Beziehungsthemen haben und dass es eigentlich mehr Menschen in Elternverantwortung bräuchte. Das wären dann also wir, vier Leute, die sich freiwillig zusammen um ein Kind kümmern. Wenn ich den Alltag eines allein erziehenden Menschen oder sogar von zuzweit-erziehenden Menschen so mitbekomme, bin ich mir regelmäßig des großen Luxus bewusst, den wir gerade erleben. Selbst wenn ich, wie gerade, zwei Nächte hintereinander, 2 Morgende und 2 Vormittage hintereinander auf Kiko aufpasse, so kommen doch zu jeder Mahlzeit die andern Eltern zusammen und ich kann sie wieder abgeben. Und heute Nachmittag kann ich dann ganz ungestört in meinem Bauwagen sitzen und mich gründlich erholen von der stressigen Zeit, die ich gerade hatte (Messe, Deadlines in meiner Arbeit und so), sogar heute Abend auch noch. Ich bin erst morgen um 9 wieder dran.
Im Moment ist mein Kontakt zu Kiko auch dementsprechend nicht sooo rosig. Es geht uns gut miteinander, aber sie merkt, dass ich etwas abgespannt bin. Mittlerweile kann ich aber gut damit leben. Es gibt auch andere Zeiten, in denen es superschön ist mit uns. Ich fühle mich mittlerweile zu -sagen wir- 90% als vollwertige Mutter. Die Einschränkung mache ich, weil wir das mit dem Abstillen noch nicht durch haben und so die Nächte immer noch ganz von Yuriko abhängen. Solange wir das noch nicht machen, fühle ich mich auf diesem Gebiet einfach total unsicher.
Das Gefühl von vollwertiger Elternschaft kommt aber auch vom Kontakt mit Kiko, sie macht deutlich klar, was sie will und ich lerne mit ihr, was sie braucht, wie sie ist, wenn sie müde wird, was sie mag und nicht mag, ihre ersten Worte (Hallo, Menno und Geil) und ihre vielen neuen Worte, die sie gerade lernt. So entsteht ganz leicht bei mir das Gefühl, dass ich vollwertig für sie sorgen kann und wir unsere ganz eigene Beziehung zu einander entwickeln. Aus diesem Gefühl kam dann auch vor Weihnachten der Impuls von mir, sie alleine ins Bett zu bringen. Mittlerweile klappt das bei allen richtig gut. Das trägt auch zu diesem Gefühl bei.
Es ist leider immer noch so, dass sie alles stehen und liegen lässt, das Buch, das wir gerade anschauen, das Stück Kartoffel, für das sie gerade den Mund aufgemacht hat, wenn sie Yurikos und Heikos Stimme hört. Ehrlich gesagt, das nervt! Heute hatte ich ihr was gekocht. Kurz bevor es fertig war, kam Yuriko rein und der Hunger wurde an der Brust gestillt. Danach war mein Essen noch gut, um es vom Teller auf den Tisch und von dort herunterfallen zu lassen. Da merke ich, dass ich mit dem Thema doch noch nicht so entspannt bin. Ich nehme es mir nicht mehr so persönlich zu Herzen, aber es nervt. Und dabei bin ich mir sicher, dass diese Unterscheidung nicht darauf zurückzuführen ist, dass eine_r von uns besser mit ihr umgehen kann und deshalb beliebter ist. Es kommt vom Gebären, Stillen und der engen Beziehung zwischen Heiko und Yuriko. Ändern wird sich vielleicht etwas, wenn Kiko abgestillt ist und wir alle unabhängiger uns bewegen können. Ich freue mich auch schon sehr darauf, mal mit Alex und Kiko alleine Zeit zu verbringen, irgendwohin zu fahren oder so.
Interessant finde ich, dass trotz nur Viertelelternschaft mein Leben fast ausschließlich aus Kind und Alltag besteht. Es fällt mir seit Kiko da ist, regelmäßig schwer, meinem Leben eine Richtung zu geben, mir wirklich bewusst zu sein, was mir wichtig ist, mir Ziele zu setzen. Es gibt mal so Momente, aber die versacken dann wieder im alltäglichen Rhythmus, alle 3 Tage Kikonachtabendundmorgen, täglich 2 Stunden von 9-11 oder von 11-13 Uhr oder von 14.30-16.30 oder von 16.30 bis 18.30.
vielleicht ist das am Anfang eines Lebens mit Kindern einfach so und irgendwann werden wir alle wieder selbstständiger, die Kinder und die Eltern.