Jetzt möchte ich aber mal über unseren Urlaub schreiben. Wir sind seit einer Woche wieder zu Hause. Es kommt mir schon wieder lange her vor, dass wir in meiner alten Heimat in den Bergen waren. Wir haben das schon öfters gemacht, uns in Pfronten im Allgäu für zwei Wochen ein Ferienhaus gegönnt, die so genannte „Königscard“ war dabei und mit der konnten wir ohne weitere Kosten Räder mieten, mit der Gondel auf den Berg fahren oder hatten freien Eintritt zum Hochseilgarten. Für mich war das immer ein besonderer Kick, weil ich sehr tolle Erinnerungen an meine Kindheit habe und im Prinzip nie die Notwendigkeit verspürt habe, mich davon irgendwie abzugrenzen. Klar, jetzt bin ich erwachsen und kann viele Erwachsenendinge tun, aber wenn ich dort den Breitenberg hochgehe, kommt es mir manchmal vor, als sei ich 15, mit meinen Freunden Arthur und Jörgi unterwegs und gestern hätten wir zum ersten Mal im Kino „The Wall“ gesehen.
Nachdem wir jetzt schon öfters im Urlaub in Pfronten waren (ich finde hier im Blog allerdings nur 2020 einen kurzen Eintrag dazu), mögen die anderen Eltern und besonders die Kinder das auch sehr gern – man kann halt krass viel machen. Als ich noch dort gewohnt habe, fand ich die vielen Feriengäste kurios, vor allem, dass die immer wieder nach Pfronten kamen, anstatt jedes Jahr einen anderen schönen Ort in der Welt zu erforschen. Jetzt verstehe ich das besser. Ich habe meine Heimat und guten Alltag im Flachland (in meinem Fall nehme ich das in Kauf, weil wir so ein besonderes Dorf hier kultivieren und meine Gemely inzwischen hier lebt; bei anderen ist es vielleicht der Job oder die Familie), aber gern tanke ich einmal im Jahr Berge, Seen, Flüsse, richtiges Wetter (Gewitter!) und was Urlaub halt noch ausmacht: Viel Zeit mit den Kindern und den anderen Eltern, keine Termine, im Moment sein. Dazu tolle Spielplätze, eine genial ausgestattete Bücherei am Ort (am ersten Öffnungstag nach unserer Ankunft haben wir einen Riesenstapel Bücher ins Ferienhaus geschleppt) und ordentliche Backwaren (bei uns hier stehst du mit Süßhunger in einer Bäckerei und gehst dann mit leeren Händen wieder raus, weil es einfach nichts Gescheites gibt).
Unser übliches Ferienhaus war belegt, aber wir haben ein anderes gefunden, in dem es sogar eine Sauna gab. Allein, das zu erkunden und mit verschiedenen Geheimverstecken auszustatten, hat die Jungs einige Zeit beschäftigt. Das riesige Wohnzimmer war dann auch mal eine neue Wohnerfahrung für uns und dann war es auch nur drei Häuser weiter von der Mietswohnung, in der ich aufgewachsen bin, und die Straße runter gab es einen super Spielplatz mit großer Rutsche und Riesen-Klettergerüst, den die Jungs auch ohne uns Eltern besuchen konnten. Also beste Voraussetzungen für einen richtigen Urlaub halt.
Und dann waren wir klettern, wandern, baden, radfahren, chillen, bummeln. Mein Bruder wohnt in der Nähe und mein Stiefbruder mit seiner Familie direkt im Ort – beide tolle Typen mit nettem Anhang, wir haben also etwas Familienanschluss, aber fein dosiert, gerade angenehm. Alle lesen gern, und so sind auch die Stunden zu Hause willkommen (insbesondere Kiko als Fast-Teenagerin hat nicht nur ihren Bücherstapel abzuarbeiten, sondern auch ihr Tagebuch zu füllen. Leider war sie während des ganzen Urlaubs ein bisschen krank). Ach so, und es war Fußball-EM. Bei uns eigentlich sonst kein Thema, im Urlaub war es witzig, das zusammen zu gucken.
Wir sind, wie die letzten Jahre auch, ohne Auto gekommen, nur mit Zug und dann vor Ort mit Fahrrädern unterwegs. Das kann man in Pfronten ausgezeichnet machen, aber dass wir die einzigen sind, die so Urlaub machen, ist ein bisschen traurig. Wenn das auch nur minimal gefördert würde, gäbe es Fahrradanhänger oder Handkarren zu leihen (oder Carsharing, für besondere Fälle), damit man auch mal ne Kiste Bier oder Limo befördern könnte. Aber da der Ort auch ohne Nachhaltigkeitsmarketing bestens belegt ist, interessiert sich die Tourismusbehörde nicht dafür. Ich hab schon mal einen langen Artikel darüber geschrieben, der nicht weiter beachtet wurde. Und so hocken wir auch mal in Bussen, um zu einem See oder einem anderen Königscard-Angebot zu kommen – und tatsächlich, das geht auch.
Weil während unserer Zeit in Pfronten ein Spam-Kommentar auf dieser Website gepostet wurde (ja, mein Laptop hab ich schon dabei, wenn ich wegfahre), kam ich überhaupt nur auf die Idee, hier mal wieder was zu schreiben. „Wie geht es mir?“, hab ich mich noch im Urlaub gefragt? „Erfüllt“, hab ich mir notiert. „Und auch ein bisschen voll“. Speziell die Urlaubssituation ist wirklich kurios: Einerseits bin ich schon froh, dass wir wieder in meinen Heimatort im Allgäu gefahren sind, ich bin da so gern und man kann da so viel machen. Andererseits gibt es speziell im Urlaub nicht die perfekte Balance. Ich kann nicht ganz mein Ding machen, weil wir ja viel zusammen tun wollen, das heißt: Abstimmen, warten, zurückstecken. Aber wenn ich ganz der Papa bin, ecke ich auch an. Das wollen die anderen ja auch nicht, dass ich mir einfach die Kinder schnappe und mit ihnen das mache, was ich gut finde. So ganz Recht kann man es einander wohl nicht machen zu siebt.
Mit den Kindern war es super und mit Yuriko meistens auch, obwohl wir überhaupt kein Problem damit haben, auch mal in unterschiedlichen Allianzen unterschiedliche Standpunkte zu vertreten. Mit A-lex ist so ein Ferienhaus-Urlaub gut machen: Er scheint oft zufrieden, kocht lecker für alle (erinnert sich noch jemand, dass er zu Beginn unserer gemeinsamen Elternzeit ausschließlich roh gegessen hat?), regt sich meist nicht auf und redet nicht so viel Blödsinn (weniger Blödsinn als ich vermutlich). Mit Emma und mir wurde und wird es immer wieder ein bisschen schwierig. Unsere Beziehung ist weiterhin von Spannungen durchzogen, auch wenn sie sich nicht aus der Familie rausgezogen hat, wie ich es ein paar Blogbeiträge zuvor befürchtet habe. Ich nerve sie mit meiner permanenten Planung und wahrscheinlich ist mein Kontrollinstinkt nicht mit ihrem Autonomiebedürfnis zu vereinbaren. Und ich bin angestrengt von ihr. Ich habe immer Zweifel, wenn sie etwas als Fakt erklärt, weil sich das dann bei genauem Hingucken schon öfters in Luft aufgelöst hat (was mir übrigens auch passiert. Gerade erst habe ich eine Wette mit Yuriko verloren, weil ich sicher war, dass Roland Kaiser seine Texte nicht selbst schreibt). Und ich will halt oft Sachen anders machen als sie und bin genervt von ihrer Herangehensweise, die mir kompliziert oder unlogisch vorkommt. Das ist natürlich nicht das Vertrauen, das untereinander schön wäre. Immerhin schaffen wir es meistens, uns zu respektieren. Aber im Urlaub haben wir viel mehr miteinander zu tun. In den letzten Jahren hat Emma oft nur eine von zwei Wochen zusammen mit uns verbracht, um diese Beziehungszuspitzung zu verhindern; diesmal waren wir die ganze Zeit zusammen. Jetzt im Rückblick würde ich sagen: hat doch gut funktioniert. Aber ich weiß schon, dass es oft nicht harmonisch war und anstrengend für beide von uns.
Zum ersten Mal ist dieses Jahr Folgendes passiert:
Wir gehen den Wiesenweg zur Kappeler Alm hoch. Die Jungs haben wenig Lust, sie haben sich mit ihrem Ferientaschengeld gerade erst neues Lego im Spielwarenladen gekauft (derselbe Laden wie zu meiner Zeit, und dann gibt es bei uns in der ostdeutschen Pampa ja überhaupt keine Spielwarenläden, sondern nur das Internet); wir konnten sie nur zum Mitwandern überreden, indem wir ihr Lego mitgenommen haben, darunter ein Hubschrauber), es ist heiß und es wird genölt. Den Hubschrauber soll ich tragen. Ich fliege natürlich ordentlich herum, samt Hubschraubergeräusch, und dann will der Pilot rauspinkeln und zwar am Liebsten auf Noam oder Ta, was die beiden erfolgreich den Berg hochscheucht.
Eine Familie kommt uns entgegen, der Mann geht erst an A-lex, Kiko und Emma vorbei, dann an den Jungs und dann an mir mit dem Hubschrauber. „Na, das ist aber ein motivierter Opa“ kommentiert er mein Hubschrauberspiel.
OK. Seitdem bin ich der motivierte Opa der Familie…